Aber bitte mit Käse: Holarse testet für euch Pizza Connection 3

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Da ist er endlich, der von Fans lang ersehnte Nachfolger zu Pizza Connection 2 aus dem Jahre 2001. Siebzehn Jahre hat es gedauert, die entwickelnde Firma dahinter hat zwangsweise nach dem Niedergang von Software2000 gewechselt und auch sonst hat die Technik seither unvergleichbare Fortschritte gemacht. Eigentlich steht dem Nachfolger, Pizza Connection 3, eine tendenziell rosige Zukunft bevor. Eine große Fanbase von Spielern, welche mittlerweile mitten im Leben und daher finanziell gut aufgebaut sind, steht bereit, ein Spielprinzip das sich quasi von selbst verkauft wie geschnitten Pizza (man entschuldige das Wortspiel) liegt vor und es existieren zwei Vorgänger, die bereits Möglichkeiten und Grenzen der Serie aufgezeigt hatten. Die Meinungen zum besagten dritten Teil der Serie sind allerdings, Stand Ende März 2018, eher mäßig bis negativ. Meistens werden die negativen Reviews allerdings mit Vergleichen zu den ersten beiden Teilen begründet.
Da ich die beiden ersten Teile nie gespielt habe, bietet sich mir die Gelegenheit völlig unvoreingenommen an die Sache heran zu gehen. Ich bin gespannt, ob mein Urteil vielleicht dadurch anders ausfällt.
An dieser Stelle vielen Dank an Astragon, die uns einen Key zum Testen überlassen haben.

Testsystem

Betriebssystem: Antergos Archlinux Kernel 4.15.12-1-ARCH
Prozessor: Intel® Core™ i7-5820K CPU @ 3.30GHz × 12
Speicher: 16 GB
Grafikkarte: Nvidia GTX980 Treiber 390.42
Auflösung: 3840 x 2160
Steuerung: Maus und Tastatur

Über das Spiel

Das Ziel von Pizza Connection 3 ist eigentlich ganz einfach: wir möchten die WELTHERRSCHAFT AN UNS REISSEN [bitte hier diabolisches Lachen einfügen].... also zumindest was das Pizzageschäft angeht: eine Kette von Pizza-Restaurants etablieren, viel Profit einfahren und natürlich alle Konkurrenten vernichten.

Dafür müssen also erst mal Räumlichkeiten gepachtet werden, eingerichtet werden, Personal und eine funktionierende Lieferkette brauchen wir obendrein. Alles weitere müssen wir erst mal erforschen, gegen Geld natürlich. Hier gibt es jede Menge, von Werbung über neue Einrichtung bis hin zu Ganoven die man anheuern kann um der Konkurrenz das Leben zu erschweren.

Kaufen könnt ihr das Spiel als Steamkey direkt im Steam-Store und auch drm-frei bei GOG.

Performance, Grafik und bugs, bugs, bugs

Die hübsche Grafik ist nicht besonders hungrig, Pizza Connection 3 läuft flüssig genug, selbst mit den höchsten Einstellungen in großen Auflösungen. Allerdings sind die Unterschiede zwischen den Einstellungen im Endergebnis auch nicht riesig. Alles in allem kann man aber hier nicht klagen: es sieht gut aus, und läuft.
Bei den Animationen und der Stadtbevölkerung sieht es nicht ganz so prickelnd aus. Zwar gut gemacht, allerdings zu monoton. Natürlich muss man die einzelnen Bevölkerungsgruppen voneinander unterscheiden können, weshalb nicht alle, die so rumlaufen, komplett verschieden aussehen können. Trotzdem hätte man generell etwas mehr Abwechslung reinbringen können, damit man etwas länger Spass dran haben könnte sich in den Restaurants genauer umzusehen. Vielleicht hier und da ein paar witzige Einlagen bei den Animationen, das wäre schon was.

Die Bugs kriegen bei diesem Test einen kompletten eigenen Abschnitt, alleine schon weil es etliche davon gibt. Der Zustand bei Release ist mit einem Wort gut umschrieben: Bananensoftware - reift beim Kunden! Mittlerweile sind einige kritische Fehler gepatcht worden, aber man kann es schon fast als Frechheit bezeichnen, in welchem Zustand das Spiel an die Kunden rausgegeben wurde. Bei meinem Test hatte ich glücklicherweise keine kritischen Bugs (mehr), aber dafür waren sie zahlreich und teilweise extrem nervig. Grafikfehler, Clippingfehler, komische bzw. widersprüchliche Anzeigen, das ist ja noch verschmerzbar. Was aber gar nicht geht: Mit dem Raumeditor möchte man alle Tische und Stühle platzieren, dabei wackeln die Stühle um anzuzeigen, dass sie dort nicht platziert werden können. Hat man dann alle schön verteilt, dass keiner mehr wackelt, verlässt man den Editor und denkt man könne loslegen. Weit gefehlt: siehe da, auf einmal wackeln wieder fünf Stühle, obwohl der Editor es vorher für gut empfunden hat. Dann halt nochmal von vorne, alles passt, Editor verlassen und…. drei andere Stühle die wackeln. Das kann in Mäusemelken ausarten, und macht keinen Spass.
Natürlich kann man für teures Geld eine fertige Einrichtung vom Innenarchitekten hinstellen lassen. Das ist aber erstens nicht von Vorteil wenn man viele Kunden platzieren möchte, und zweitens ist man auch hier nicht sicher, dass es mit den Stühlen wirklich klappt.

Gameplay

Es gibt zwei Spielmodi, einmal die Kampagne und ein frei konfigurierbares Spiel.
Die Kampagne ist gleichzeitig auch das Tutorial, weshalb neue Spieler sich am besten erst mal damit befassen sollten. Hier werden erst nach und nach alle Möglichkeiten des Spiels “freigeschaltet” je weiter man in der Story voranschreitet.
Leider muss man sagen, dass weder die Story noch das Tutorial wirklich gut gemacht sind. Das Tutorial ist einerseits nicht explizit genug, andererseits schreitet es zu langsam voran. Dass man zeitweise etwas hilflos ist, liegt aber vor allem an dem nicht ganz durchdachten UI, bzw. der generellen Ergonomie des Spiels.
Manche Menüs sind zu verschachtelt, umständlich oder einfach unübersichtlich, an anderen Stellen fehlen einfach Erklärungen oder wichtige Informationen. Das Personalmanagement ist z. Bsp. ein Graus. An manchen Stellen muss man das UI gar überlisten um die gewünschten Informationen zu bekommen: wenn man ein freies Spiel beginnen möchte, und seinen Gegner aussuchen soll, dann muss man diesen erst auswählen um überhaupt zu wissen was man von ihm erwarten kann. Da die Liste recht lang ist, hier ein kleiner Tipp: alle auswählen, dann lesen, dann die wegklicken die man nicht möchte.
Wer hat sich denn so ein System ausgedacht?

Die Story findet eigentlich nur auf Briefen statt, die regelmäßig aufploppen und vorgelesen werden. Anfangs noch ganz nett, schenkt man sich das Vorlesen aber auch recht schnell oder klickt es gar ganz weg ohne es selber gelesen zu haben. Fesselnd ist das nicht. Dieser Kritikpunkt fällt aber nicht ganz so ins Gewicht, da es sich ja eigentlich um eine Wirtschaftssimulation handelt, da ist eine Story eher Nebensache.
Das Problem ist aber, dass es keine waschechte Wirtschaftssimulation ist. Dafür fehlt schlicht der Realismus sowie akkurate Daten. Zum Beispiel muss man die Gewinnmarge der einzelnen Pizzen ordentlich hochschrauben um konkurrenzfähig zu bleiben und Gewinne zu fahren. Ich halte es schon für fehlerhaft, dass man überhaupt eine Gewinnmarge von 300% einstellen muss, aber der Clou ist dann noch, dass man schlussendlich eine Pizza für 60€ anbietet, die dann auch tatsächlich von allen Kunden bestellt wird.
Etwas komisch finde ich auch, dass man, je nach Variation der gebrauchten Zutaten, schon bei 3 Pizzen auf der Menükarte den Hinweis bekommt, dass das Warenlager (Nebenraum im Gebäude) nicht genug Platz bietet für soviele Zutaten. Klar, kennt man ja, der Lieblingsitaliener um die Ecke zaubert ja auch 15 verschiedene Pizzen aus den Zutaten Salami, Käse, Schinken, und Thunfisch… Wenn man schon so ein Limit einbaut, dann sollten wenigstens irgendwelche Informationen angezeigt werden wie weit man gehen kann, oder woran es genau liegt, aber nein, gibt’s nicht.

Aber so schlimm ist es das mit dem Platz im Lager dann auch wieder nicht, schließlich essen alle Arbeiter ausschließlich Quattro Formaggi, obwohl noch 2 weitere Pizzen im Angebot sind, die laut “Marketinganalyse” hauptsächlich aus deren Lieblingszutaten bestehen.

An dieser Stelle sollte man aber auch mal klar stellen, dass das Spiel auch Spaß macht, wenn auch nicht ewig. Aber eine Wirtschaftssimulation ist es in der Form halt nicht. Es fehlt an Tiefgang und wesentlichen Informationen.

Am meisten Spass macht immer noch der altbewährte Pizza Editor. Hier kann man sich richtig austoben und seiner Kreativität freien Lauf lassen.

Schlussendlich noch ein paar Worte zum freien Spiel. Hier kann man wirklich alles einstellen, vom Anfangsbudget über die Anzahl der Gegner, bis hin zu den Zielen die man erreichen möchte. Nur allzu leicht sollte man es nicht einstellen, das artet schnell in Langeweile aus, während man das Spiel auf maximalem Tempo laufen lässt und nur ab und zu mal eingreifen muss. Zugute halten muss man Pizza Connection 3 dann aber auch, dass es echt schwer und herausfordernd sein kann, wenn man es denn so will.

Fazit

Das Urteil fällt erstaunlicherweise so aus, wie die anfänglichen Steam-Reviews: gemischt. (Aktuelle Anmerkung: mittlerweile sind die Reviews bei Steam als “Größtenteils negativ” eingestuft).
Das Spiel läuft ansich ganz gut unter Linux, auch wenn es noch etliche Bugs hat, wovon die meisten aber nicht kritisch sind, sondern einfach nur nervig. Das Spiel macht auch (teilweise) Spass, aber auch nicht ewig, und daran sind auch hier zum größten Teil die Ergonomie oder Bugs schuld.
Für eine komplexe Wirtschaftssimulation geht es nicht tief genug, und für ein casual Management Spiel bietet es nicht genug Abwechslung in der Grafik, den Animationen oder den humoristischen Einlagen. Das können selbst manche Browsergames besser.
Alles in allem ist es ein Spiel das man, sofern ein paar Patches abgewartet werden (denn ein fertiges Spiel ist es noch nicht!), ab und zu mal starten kann, und damit ganz gut ein wenig Zeit rumkriegt, bis man genug Stühle verrückt hat. Nach einer längeren Pause dazwischen macht es dann auch eventuell wieder Spass.

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