Entschleunigung als understatement: Holarse testet für euch InnerSpace
Über das Spiel
InnerSpace ist ein innovatives Erkundungsspiel das von PolyKnight Games entwickelt und von Aspyr am 16. Januar 2018 nativ für Linux veröffentlicht wurde. Letztere haben uns einen Key zum Testen überlassen, für den wir uns natürlich ganz herzlich bedanken!
In InnerSpace erkunden wir als konstruiertes Fluggerät das “Inversum”, eine in sich geschlossene und farbenfrohe Welt in der die Schwerkraft andersrum funktioniert als man es kennt. Daran muss man sich erst gewöhnen, aber glücklicherweise ist das Spiel alles andere als hektisch: man kann den Flug genießen und sich alles in Ruhe erst mal anschauen.
Testsystem
Betriebssystem: Antergos Archlinux Kernel 4.15.5-1-ARCH
Prozessor: Intel® Core™ i7-5820K CPU @ 3.30GHz × 12
Speicher: 16 GB
Grafikkarte: Nvidia GTX980 Treiber 390.25
Auflösung: 3840 x 2160
Steuerung: Xbox 360 wireless, Maus und Tastatur
Steuerung, ein immens WICHTIGER Punkt
Um den Rest des Tests nicht weiter zu beeinflussen, möchte ich gerne als erstes die Steuerung ansprechen. Das Spiel ist ganz klar auf Konsole und Controller ausgelegt. Das merkt man schon im Tutorial, da dort zur Veranschaulichung der Steuerung das Schema eines Controllers abgebildet ist, und welche Bewegungen man damit ausführen sollte. Ein ähnliches Hilfesystem für Keybinds oder Mausbuttons gibt es nicht.
Da aber leider mein Controller (xbox360 wireless) nicht unterstützt wird, war die Ernüchterung erst mal groß. Die Steuerung per Tastatur ist gelinde gesagt “suboptimal”, denn konkrete Optionen zur Feinjustierung gibt es nicht für Tastatur. Wichtig zu erwähnen ist noch, dass die Steuerung mit der Maus nicht möglich ist, oder nur bedingt. Es macht einfach wenig Spaß, so zu spielen, und deswegen möchte ich noch einmal explizit auf die Hardwarevoraussetzungen für InnerSpace hinweisen. Es werden trotzdem eine große Mengen an Controllern unterstützt, ein Blick in die Liste ist zwingend notwendig!
Performance, Grafik und Sound
Ich wage die Prognose, dass dieses Spiel in irgendeiner Form auf fast jeder Hardware läuft, da hier das Gameplay und die Story viel wichtiger sind als grafische Effekte. Es gibt nämlich auch keine entsprechenden Optionen in den Einstellungen. Außer “Vollbild/Fenstermodus” und die Auflösung kann man hier nichts einstellen.
Im 4K-Modus lief es im Test auf der GTX980 absolut problemlos, ohne einen einzigen Ruckler. Offiziell braucht ihr minimal eine GTX 650 oder eine AMD Radeon R9 290.
Das heißt aber nicht, dass die Grafik nicht gut oder hässlich wäre, im Gegenteil: sie ist wunderschön. Obwohl sie simpel gehalten ist, erkennt man doch die Liebe zum Detail. Sehr farbenfroh und mit schönem Design lädt das Inverse zum Erkunden ein. Das haben die Entwickler erst mal gut hingekriegt. Warum das schlussendlich doch nicht funktioniert könnt ihr im nächsten Abschnitt “Gameplay” genauer erfahren.
Mein erster Gedanke zum Thema Musik war auf Anhieb: “Niedlich”. Ich denke, das trifft es auch ganz gut: verspielt, atmosphärisch, aber nicht erwachsen. Niedlich halt.
Etwas gestört hat mich von Anfang an, dass es ein wenig wie ein Klingelton auf dem Handy klingt. Es mag natürlich sein, dass es mich nur gestört hat, weil es ähnlich klang wie der Weckton meines Handys, der mich jeden Morgen aus dem Schlaf reißt. Vielleicht ist es eine unbewusste Abneigung in Form einer Art Pawlowschen Konditionierung?
Leider sind die einzelnen Soundeffekte nicht besser. Ein kleines Beispiel davon möchte ich mit folgender Analogie verdeutlichen :
Man stelle sich ein Kleinkind vor, das eine Stunde lang mit den Schlägeln über ein Xylophon fährt, von links nach rechts, dann direkt wieder von rechts nach links. Unterstützt man anfangs noch den musikalischen Erkundungsdrang des Kindes, wird man wohl spätestens nach zehn Minuten Dauerbeschallung versuchen es mit etwas Anderem zu beschäftigen.
Leider geht das bei einem Computerspiel nicht.
In einem Spiel in dem es zu 90% darum geht Kurven zu fliegen, sollte nicht bei jeder links- und rechts-Bewegung immer wieder dasselbe Klingelton-Arpeggio erklingen. Hab ich das Geräusch anfangs mit einem kleinen Lächeln zur Kenntnis genommen, hat es dennoch keine 5 Minuten gedauert bis ich es als störend empfunden habe. Glücklicherweise ist dies nicht von Dauer, sondern nur bei einem bestimmten Fluggerät der Fall.
Fazit zum Sound: handwerklich gut gemacht, aber langfristig gesehen einfach nicht abwechslungsreich genug.
Gameplay
Als eine vom “Archäologen” konstruierte Flugmaschine namens “Kartographer” oder kurz “Kart”, erhalten wir von unserem Erbauer den Auftrag Informationen über das Inversum zu sammeln. Dafür fliegen und schwimmen wir durch die Welt und sammeln Relikte ein, die analysiert werden können, und so mehr und mehr von der geheimnisvollen Welt preisgeben.
Um überall hinzugelangen brauchen wir einerseits Upgrades unseres Gefährtes, so müssen wir uns z.B. die Fähigkeit sich unter Wasser zu bewegen erst erarbeiten. Als Ressource für die Upgrades müssen wir Wind sammeln, der überall in der Welt in Form von Luftblasen zu finden ist.
Andererseits müssen wir herausfinden wie wir weiter in die Welt eindringen können indem wir Zugänge öffnen, die erst mal verschlossen scheinen. Hierbei fällt auf, dass der Spieler nur sehr wenig an die Hand genommen wird. Nach dem Motto “der Weg ist das Ziel” muss man erst mal alleine herausfinden was genau der auszulösende Mechanismus ist. Das ist nicht zwingend etwas schlechtes, schließlich geht es ja grundlegend darum zu erkunden und erforschen.
Das Zurechtfinden im Inversum ist jedoch gewöhnungsbedürftig. Erstens bewegt man sich im inneren einer Sphäre, in der die Schwerkraft von innen nach außen wirkt und zweitens sieht trotz der schön designten Welt alles irgendwie gleich aus. Das Farbschema ändert sich im Laufe des Spiels eigentlich nicht, und wenn, dann auch nur sehr kurz. Zeitweise besteht die Welt dann ausschließlich aus Blautönen. Das ist nicht nur wegen der Orientierung schwierig, es mindert auch den Erkundungsdrang. Wer würde schon nach New York wollen, wenn es auch nicht anders aussieht als das 20 Seelendorf Münzingen?
Hier kommen wir dann zum Hauptproblem des Spiels: es bietet zu wenig Abwechslung. Da erst mal alles irgendwie doch gleich aussieht, und die Mechanismen auch schnell alle bekannt sind, bleibt als Highlight nur noch die Story. Diese leidet aber darunter, dass sie nur gelegentlich vorkommt und dann mit uninteressanten Details und ellenlangen Dialogen ausgeschmückt ist. Auch das wirkt künstlich aufgebauscht.
Die aufkommende Langeweile kann irgendwann nicht mehr von der Story aufgefangen werden: die Stimmung kippt, die Motivation weiter zu machen ist dahin. Irgendwie fühlt es sich mehr nach Arbeit an, als nach einem Vergnügen.
Kaufen
Erhältlich ist das Spiel für Linux auf Steam, im Humble Store sowohl als Steam-Key und drm-frei zum Preis von €19,99.
Fazit
Super Performance, sehr schön anzusehen, interessantes (nur bedingt funktionierendes) Konzept. Soweit die positiven Aspekte dieses Spiels. Die Summe aller einzelner Erfahrungen mit Inner Space hinterlässt insgesamt trotzdem eine kleine Enttäuschung.
Dass es mit meinem wireless Controller nicht funktioniert, und per Tastatur einfach gar keinen Spaß macht umher zu fliegen, kann und muss ich (vielleicht) für dieses Fazit ignorieren. Schließlich kann man sich ja vorher über die Hardwarevoraussetzungen informieren, am besten natürlich hier bei Holarse :)
Der Sound ist eigentlich Geschmackssache, ist nach einer Weile aber eher nervig, weil manche Effekte ständig zu hören sind, und generell wenig Abwechslung drin ist.
Die schöne aber einfache Grafik bietet leider insgesamt genauso wenig Abwechslung wie der Sound. Blau, orange, braun, ein wenig lila und das ständig. Dies lädt einfach nicht zum Erkunden ein, sondern trägt im Endeffekt dazu bei, dass das Erreichen des nächsten Levels sich irgendwann wie Arbeit anfühlt, und nur noch wenig Vergnügen bereitet.
Die Art und Weise wie die an sich gute Story vermittelt wird ist sehr schleppend. Wer jedoch die nötige Geduld hat kann hier ein paar interessante Aspekte des Inversums kennenlernen.
Eine Langzeitmotivation ist in meinem Fall einfach nicht gegeben, deshalb kann ich das Spiel nur für hartgesottene Fans des Genres empfehlen, die einen unterstützten Controller besitzen.
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