Vor einigen Tagen wurde endlich die native Version des Formel 1-Rennspiels F1 2015 für Linux von Feral Interactive veröffentlicht. Feral hat uns freundlicherweise eine Kopie zur Verfügung gestellt und Aenigma fühlte sich berufen für uns ins Racing-Cockpit zu steigen.
F1 2015, der neueste Port von Feral Interactive. Das Spiel stammt, wie DiRT Showdown (via eON) oder GRID Autosport (nativ von Feral) aus dem Hause Codemasters. Es handelt sich um das einzige Spiel, das die komplette Lizenz für alle offiziellen Formel 1 Inhalte beinhaltet. In diesem Fall sogar etwas mehr als der Name verrät, denn man kann zusätzlich die Saison 2014 spielen.
Feral Interactive haben uns freundlicherweise eine Kopie zum Testen zur Verfügung gestellt, an dieser Stelle vielen Dank dafür! Da sie ja schon einige gute Linuxportierungen herausgebracht haben und mittlerweile zu einer festen Grösse in der Linux-Spielewelt geworden sind, liegen die Messlatte und die Erwartungen natürlich dementsprechend hoch. Getestet wurde auf folgendem System:
Test-System
Betriebssystem: Ubuntu MATE 16.04
Prozessor: Intel® Core™ i7-5820K CPU @ 3.30GHz × 12
Speicher: 16 GB
Grafikkarte: Nvidia GTX980
Auflösung: 1920 x 1200
Steuerung: Sixaxis Dualshock 3 Gamepad
Die Portierung
Das Spiel lief bei mir stabil, ohne erkennbaren Probleme. Es gab keinerlei Abstürze oder Grafikfehler zu verzeichnen. Hier hat Feral Interactive definitiv einen guten Job abgeliefert. Allerdings muss man bedenken, dass das Spiel zum Zeitpunkt des Releases ausschließlich NVIDIA-Grafikkarten unterstützt. Besitzer einer AMD- oder Intel basierten Grafiklösung müssen sich in Geduld üben, da hier das Spiel einfach komplett seinen Dienst einstellt.
Die Spielmodi - etwas magere Kost
Das Spiel beinhaltet folgende Modi: Zeitfahren, Schnellstart (Einzelrennen), Meisterschaft, Profi-Saison und Multiplayer. Genau genommen handelt es sich bei "Profi-Saison" noch nicht mal um einen eigenständigen Modus, aber schauen wir uns alles mal im Detail an:
- Beim Zeitfahren geht es klassisch darum die beste Zeit auf einer bestimmten Strecke hinzulegen. Hier fährt man auch ganz klassisch gegen sein eigenes Ghost Fahrzeug. So weit, so bekannt.
- Der Schnellstart ist ein altbekanntes Einzelrennen, und sollte vorwiegend dazu genutzt werden sich mit den Einstellungen auseinander zu setzen. Hier sollte man anfangs die meiste Zeit verbringen, insbesondere weil es zu einer Gratwanderung mutieren kann, die richtigen Einstellungen zu finden (Siehe hierzu auch den Abschnitt über das Gameplay). Hat man seinen persönlichen sweet spot für maximalen Spass gefunden kann es weiter gehen zum nächsten Modus:
- Die Meisterschaft beinhaltet eine komplette Saison, allerdings muss man vorher festlegen wieviel vom Training, Qualifying und Renndistanz man absolvieren möchte. Die Optionen sind hier etwas limitiert, dennoch sollt hier jeder auf seine Kosten kommen.
- Die Profi-Saison ist im wesentlichen auch nur eine normale Meisterschaft, nur mit dem Detail, dass alles schon voreingestellt ist, und zwar ausnahmslos auf die schwerstmögliche Auswahl. Hier werden alle Fahrhilfen ausgeschaltet, die Kamera ist reduziert auf die Cockpitansicht, die Gegner sind unerbittlich und schlussendlich geht jedes Rennen über die maximale Renndistanz. Also ist im Prinzip alles so wie in der richtigen Formel 1. Da man aber dieselben Einstellungen manuell im Meisterschaftsmodus definieren kann, wäre es etwas scheinheilig die Profi-Saison als eigenständigen Modus zu verkaufen.
- Der Multiplayer, der laut Feral Interactive multiplattform unterstützt, macht auf den ersten Blick einen soliden Eindruck. Leider konnte ich diesen nicht so ausgiebig testen, da die Wartezeiten teilweise doch etwas lang waren. Es ist schwer zu sagen, ob das an generell mangelnden Fahrern oder an den Spielzeiten gelegen hat. Einmal auf der Strecke angekommen hatte ich jedoch immer das Gefühl, dass alles rundlief. Ich habe lediglich noch nicht verstanden wieso man durch einige Autos durchfahren konnte, durch andere nicht. Meiner Meinung nach handelt es sich hier um einen Bug, der gelegentlich auftritt, aber hierzu werd ich noch weitere Testläufe spielen. Interessant ist noch zu wissen dass die 2015er Version NICHT im Racenet unterstützt wird, im Gegensatz zum Vorgänger (siehe "Supported Games").
Und was fehlt? Richtig! Ein Karrieremodus, den ich schmerzlich vermisst habe. Eigentlich ist das der einzige Modus den ich in jedem Rennspiel immer gespielt habe, für mich ganz klar das Herzstück, das A und O, das nonplusultra, einfach unverzichtbar! Warum in aller Welt gibt es diesen Modus in diesem Spiel nicht? Mein erster Gedanke war, dass eine Karriere eventuell schwer umzusetzen ist in einem Spiel das "nur" die Formel 1 Teams, Autos und Fahrer beinhaltet. Eine kurze Recherche hat mich jedoch eines Besseren belehrt: in der Version von 2014 gab es ihn wohl, und in der Version 2016 wird er wohl auch wieder drin sein. Schade, und für mich unverständlich.
Ein nice-to-have wäre noch ein Splitscreen Modus gewesen, ich kann aber auch ohne leben.
Gameplay - the good, the bad and the ugly
Fangen wir mit den positiven Punkten an: das Spiel erfüllt das, worauf es schlussendlich für echte Formel 1-Fans ankommt. Flüssige Grafik, die Detailverliebtheit der Cockpitansicht und der Strecken, sowie die gute Soundkulisse sorgen für ein echtes Formel 1 Erlebnis.
Das Spielgefühl reicht von Arcade-lastig auf den leichtesten Einstellungen bis hin zur (fast) knallharten Rennsimulation bei den schwersten Einstellungen, wobei das Spiel im Endeffekt beides NICHT ist.
Anzumerken ist hier, dass das Spiel auf der Stufe "Anfänger" definitiv viel zu leicht ist. Beim Testen wurde mir hierbei schon nach 2 Runden langweilig, weil ich das Gefühl hatte ganz allein zu fahren. Die Gegner waren einfach schlecht, und kamen nicht vom Fleck. Da auf dieser Stufe alle möglichen Fahrhilfen aktiviert waren, war es eigentlich unmöglich von der Strecke abzukommen. Selbst wenn man mal eine Kurve verpasst hat, und mit 250 Sachen in eine Mauer gedonnert ist: kein Problem! Das Auto nimmt ja keinen Schaden. Die Konsequenz war ein schnell aufkommendes Gefühl, dass man locker alle möglichen Optionen gleich mal ein paar Stufen nach oben korrigieren kann.
Gesagt, getan, und siehe da: grosser Fehler! Auch ohne alles auf Maximum zu regeln wurde es sofort zu knackig schwer für mich. Verbremser und übersteuern sorgten erstmal dafür, dass ich ein Kiesbett nach dem anderen leergeschaufelt habe. Da nützt einem auch die dynamische Hilfslinie nichts mehr, wenn man einfach dran vorbeirutscht. Nach einigen Neustarts der Rennen hatte ich mich dann zwar etwas besser an die Steuerung gewöhnt, und ich konnte das Auto halbwegs vernünftig auf der Strecke behalten. Für reichlich Frust sorgte aber weiterhin die Kombination aus KI und Strafsystem. War ich nicht schnell genug unterwegs, oder manchmal auch "einfach nur im Weg", kam es zu Kollisionen für die ich dann auch noch zusätzlich Strafen kassierte. Mehr als einmal hatte ich das Gefühl unfair behandelt worden zu sein, teilweise dann sowohl von der KI als auch von der Rennleitung. Für mich persönlich ist der Modus "Profi-Saison" damit erst mal kein Thema. Ich bin der Meinung, dass man bei den Feinheiten der KI-Abstufungen noch nachbessern könnte, oder sollte.
Generell kann man ohne Umschweife sagen, dass die schwerstmöglichen Einstellungen EXTREM SCHWER zu meistern sind. Es gilt also herauszufinden bei welchen Einstellungen der individuelle Spaßfaktor einsetzt und ab wann der Frust zu groß wird.
Performance
Vorweg die gute Nachricht: hält man sich an die empfohlenen Hardware-Voraussetzungen, dann läuft das Spiel in 1080p konstant flüssig, auch mit den höchsten Grafikdetails. Mein Test-System liegt in fast allen Bereichen etwas über den empfohlenen Systemspezifikationen, und das interne Benchmarktool errechnete durchschnittlich 70FPS bei einer Auflösung von 1920 x 1200 und der Voreinstellung "Ultra Hoch" für die Details. Diese Werte sind natürlich nicht enorm berauschend, reichen aber allemal für ein ruckelfreies Spielerlebnis aus. Da die empfohlenen Hardware-Voraussetzungen aber recht hoch angesiedelt sind bedeutet das wohl auch, dass man recht schnell Abstriche bei den Grafikeinstellungen machen muss, wenn man nicht gerade einen recht aktuellen Gaming-PC sein eigen nennt.
Grafik
Die Details der Autos und der Strecken sehen sehr gut aus, hier gibt es nichts zu meckern. Dies gilt erfreulicherweise auch für die niedrigen Detailstufen, auch hier sieht es sehr ansprechend aus. Dies macht den Hardwarehunger unter Linux um einiges wett. Viel mehr als hier abgeliefert wurde kann und sollte man eigentlich bei einem Formel1 Spiel auch nicht erwarten. Für eine sehr gute Immersion während des Rennens ist hier bestens gesorgt. Die Animationen und die Gesichtszüge der Fahrer in den Zwischensequenzen sehen allerdings manchmal etwas hölzern aus, das hat man bei modernen Spielen auch schon besser gesehen.
Steuerung
Gespielt werden kann mit Tastatur, Gamepad oder Lenkrad. Getestet wurde mit einem alten PS3 Controller, dem Sixaxis Dualshock 3. Dieser wurde problemlos erkannt. Die Steuerung für das Gamepad ist hinsichtlich des Fahrgefühls gut umgesetzt, wobei ich definitiv ein Lenkrad empfehlen würde. Wer ohne Fahrhilfen fahren möchte und kein Lenkrad hat, der wird irgendwann freiwillig vor jedem Rennen einen Sonnentanz vorführen, damit es bloß nicht regnet. Hier habe ich Feineinstellungen beim Gamepad vermisst, denn ohne Traktionskontrolle muss man schon sehr viel Gefühl im Daumen haben, wenn man nicht ständig beim Rausbeschleunigen vom eigenen Heck überholt werden möchte.
Sound
Die Soundkulisse ist solide und sorgt für eine gute Immersion. Hier ist insbesondere der Boxenfunk hervorzuheben, der einem definitiv weiterhilft, und gut auf aktuelle Ereignisse auf der Strecke reagiert. Lediglich die deutsche Synchro der Kommentatoren macht einen etwas gelangweilten Eindruck.
Installation
Das Spiel wird ausschließlich über Steam installiert, das macht die Sache ziemlich einfach und unkompliziert. Bezogen werden kann das Spiel über die Seite von Feral Interactive (in Form eines Steam-Keys) oder direkt im Steamshop.
Fazit
Für echte Formel 1-Fans die ein Lenkrad ihr eigen nennen ist dieses Spiel durchaus zu empfehlen. Die Portierung ist gut gelungen, hier kann bedenkenlos zugegriffen werden. Wer eine niedrige Frustgrenze hat, sollte sich den Kauf jedoch noch mal überlegen.
Nicht zu empfehlen ist das Spiel für diejenigen die gerne mal andere Autos fahren und sich hocharbeiten wollen. Wer das gesamte Motorsport-Spektrum haben will, ist bei F1 2015 fehl am Platz. Im Endeffekt bekommt man bei F1 2015 genau das was drauf steht, nicht mehr (ausgenommen von der Saison 2014), aber auch nicht weniger.
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