Warum riecht es hier nach Chlor? - Megaquarium im Review
Megaquarium, eine Aufbausimulation zum Anlegen eines Aquariums, ist am 13. September 2018 für Windows, Mac und Linux auf Steam erschienen. Entwickelt von Twice Circled (derselbe Entwickler wie auch Big Pharma) basiert das Spiel auf der Unity-Engine und erinnert dank isometrischer Vogelperspektive an die altbekannten Aufbausimulationen Rollercoaster Tycoon oder Parkitect. Letzeres ist auch dem Stil von Megaquarium ähnlich.
Der Fisch
Storymäßig hat das Spiel wie in den Parkvarianten nicht allzu viel zu bieten. In jedem Kapitel wird anfänglich ein wenig erfolgreiches Aquarium unter unserer Leitung zu einem Publikumsmagneten. Mal bittet uns ein Aquariumsliebhaber seine Sammlung auszustellen und zu erweitern, mal sollen wir ein altes Theater wieder einen frischen Anstrich verpassen und wieder ein anderes mal dürfen wir einer Forschungsstation eine ertragreiche Nebeneinkunft verschaffen. Das erste Kapitel dient zur Erklärung der Grundlagen und führt uns in die Welt der Aquariumsdirektoren ein. In den folgenden Kapiteln können wir auch Nachrichten von Händlern, Sammlern und anderen Personen bekommen, die uns weitere Aufgaben oder Fische vorbeibringen.
Die Pumpe
Im Hintergrund werkelt die Unity-Engine, bekannt für ihre Zugänglichkeit, berüchtigt für ihre Fehler. So war auch bei Megaquarium nur ein sinnvolles Spielen möglich, wenn vorher der bekannte Workaround LC_ALL=C %command%
als Startparameter eingetragen wurde. Bis dieser Fehler behoben wird, und wieder das von Steam gewohnte Click & Play stattfinden kann, hat der Entwickler den Verkauf der Linux- und der Macversion eingestellt. Dazu wird aktuell in einem gesonderten Bereich eine Version zur Behebung dieses Fehlers - mit Erfolg - getestet.
Der Filter
Die Testumgebung
Getestet wurde unter Arch Linux mit einer GTX 660 und der Treiberversion 396.54. Zuarbeiten durfte ein i5-2500k, dem 12GB RAM zur Verfügung standen.
Haut das Spiel vom Hocker?
Nein. Die gewohnt gemächliche Aufbausimulation trifft auf gewohnt gemächliche Fische. Action und Spannung kann da nicht erwartet werden. Wer allerdings gemütliches Managen von Aquarien steht, kann hier seine Berufung finden - würde er nicht ständig von nervigen Popups unterbrochen werden. Zu Beginn des Spieles ist das noch nicht so stark auffällig, sobald allerdings jeden Tag einer der Mitarbeiter aufsteigt und einen Punkt in der Fähigkeitsliste spendiert bekommen haben möchte ist es vorbei mit der besinnlichen Aufbauromantik. Hinzu kommen weitere Popups durch das Tutorial (ja, auch in Szenario sechs von zehn gibt es noch Neuigkeiten) und die Pflanzen- bzw. Technikforschungsergebnisse und -aufträge. Grundsätzlich ist das in Ordnung, möchte man doch seine Mitarbeiter gut ausgebildet wissen und seine Forschung nicht leer laufen haben. Doch so richtig an den Nerven kratzen die Popups, weil bei jedem blöden Popup die aktuelle Aktion abgebrochen wird, das Werkzeug in der Hand weggelegt und das Menü eingeklappt wird.
Verstanden, nervige Popups, was noch?
Die Musik wiederholt sich sehr häufig. Gefühlt besitzt das Spiel nur zwei bis drei Musikstücke, zu wenig für eine Aufbausimulation mit typischerweise längeren Sitzungen. Hinzu kommt ein ewig nerviges Grundrauschen, welches die Aquariumspumpen wiedergeben soll und ein, anfangs noch bestätigendes, später unglaublich nerviges "PLOP" bei jedem Ruhm-, Pflanzen- oder Technikpunkt, dem ein Besucher uns gibt. Zum Glück zählt das als Umgebungsgeräusch und lässt sich seperat auf Null regeln. Auch grafisch reißt das Spiel keine Bäume aus. Die Texturen sind in eher flächigen Farben gehalten. Das Farbschema ist nicht einstellbar und zum Wasser passend blau gehalten. Später im Spiel kann man dem selbst mit Dekorationsaufklebern entgegenwirken.
Funktioniert denn das Spielprinzip wenigstens?
Ja. Verschiedene Aquarientypen, viele Fische, Korallen, Weichtiere und Seesterne sorgen für Abwechslung und haben jeweils zueinander Wechselwirkungen. Aggressive Fische dürfen nicht mit ängstlichen kombiniert werden. Manche Fische wachsen mit der Zeit. Manche Fische fressen kleinere Fische. Haarig wird es mit einer Kombination aus beidem. Mit der Zeit wächst der Fisch und frisst dann auch größere andere Fische. Manche Fische brauchen einen Schwarm, manche sind Einzelgänger. Es macht Spaß aus der Vielfalt und Kombinationsmöglichkeiten das Beste herauszuholen und so das Becken komplett füllen zu können. Schade ist hier die geringe Anzahl an verschiedenen Pflanzen und Steinformationen. Hier müssen Dekorationsgegenstände aushelfen. Leider wachsen die Pflanzen auch nicht und benötigen keiner Pflege.
Mikromanagement gibt es dank der Mitarbeiter. Diesen können Aufgaben mit Prioritäten und Arbeitsbereiche zugewiesen werden. Arbeitsmaterialien und die verschiedenen Futtersorten sollten nicht zu weit vom Einsatzort positioniert werden. Auf den höheren Schwierigkeitsgraden spielt zudem deren Gehalt eine Rolle.
Für jedes Aquarium muss zudem mit Filtern, Heiz- bzw. Kühlgeräten und Licht die richtigen Umgebungsbedingungen gesorgt werden. Hier würde man Tetris spielen, wenn der Platz begrenzt wäre. Ist er aber nicht. Der Mitarbeiter kann den Filter zum Reparieren nicht erreichen? Kein Problem. Einfach eine Außenwand verschieben. Das Aquarium kann, außer in Richtung des Eingangs, beliebig vergrößert werden. Nur Geld spielt eine Rolle.
Wie weit kann ich durch das trübe Wasser schauen?
Auch in Szenario sechs von zehn gibt es noch neue Dinge zum Freischalten. Das ist gut und erzeugt Motivation, doch das ist auch mit den Grundbedürfnissen der Besucher so. Warum müssen die Besucher erst in Szenario drei auf die Toilette? Warum haben sie erst in Szenario vier Hunger? Hier fühlt man sich künstlich für blöd verkauft. Eine Toilette mit Schwamm platzieren könnten wir doch auch schon im ersten Szenario.
Mit den Szenarien wird versucht etwas Abwechslung in das Spiel zu bringen. Gelingen will das jedoch nicht. Warum hab ich auf der Forschungsstation beliebig viel Platz? Warum kann ich mich in dem alten Theater nach allen Seiten beliebig Ausdehnen? Bis auf den Grundriss, vordefinierte Wandfarben und schon platzierte Dekoobjekte unterscheiden sich die Szenarien zu wenig. Im sechsten Szenario sind dann die kaufbaren Fische begrenzt und neue Arten nur über Händler in begrenzter Verfügbarkeit zu erhalten. Bitte mehr davon!
Aufgefallen ist mir noch im Spielverlauf, dass ich die Beckengröße nicht im Nachhinein einsehen konnte. Auch konnte ich nicht mehr herausfinden, wie ich eine Pumpe mit mehreren Becken verbinden kann. Das Leben einfacher macht eine automatische Anordung der geöffneten Fenster. Leider fehlt in dem Kaufmenü der Fische ein Filter. Oft habe ich mir gewünscht alle ängstlichen oder Kaltwasserfische herauszufiltern, weil sie im aktuellen Becken sowieso deplatziert wären.
Sonst noch was wichtiges?
Ja. Das Spiel ist in keiner Weise schwer. Wer eine größere Herausforderung sucht, dem bleibt nur, sich selbst das Geld mit dem brutalen Schwierigkeitsgrad zu verknappen. So ist die Ausdehnung zumindest zeitweise begrenzt und die Baufertigkeiten sowie der Vorspulbutton sind stärker gefragt.
Anzumerken ist zudem, dass das Spiel komplett in Deutsch übersetzt ist und zum Zeitpunkt des Reviews einen Memory Leak besitzt. Der RAM-Verbrauch steigt stetig über die Spielzeit hinweg.
Wer zu weit in das Spiel zoomt findet sich plötzlich zwischen seinen Aquariumsbesuchern wieder und kann zwischen seinen gebauten Becken umherwandern. Leider existiert hier keine Kollision. Man kann durch die Wände und Becken einfach hindurchfliegen. Zudem ist der Mauscursor nach diesem Ausflug verschwunden und kam erst nach einem Spielneustart wieder.
Ich wills kaufen, aber wo?
Wie gesagt, die Linux-Version ist derzeit noch (Stand September 2018) noch wegen der Probleme mit der Unity-Engine ausgesetzt. Es ist aber geplant, sobald diese Probleme gemeistert sind, den Verkauf wieder zu ermöglichen. Erhältlich ist das Spiel für €20,99 bei Steam, im Humble Store (wo die Linux-Version noch offen angeboten wird) als Steam Key und DRM-frei bei GOG, wobei derzeit noch nicht bekannt ist, ob Linux dort auch verfügbar sein wird.
TLDR
Vielfältige Fischkombinationen und deren Wechselwirkungen erzeugen den Reiz dieses Spieles. Wem Fisch- und Chlorgeruch schnell zu Kopf steigt, sollte lieber andere Aufbausimulationen in Betracht ziehen.
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