Rise to Ruins - Pixel Godlike Aufbausimulation unter Linux

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Eine in Java geschriebene pixelige Götter-Aufbausimulation mit eigenen Bewohnern, Monstern, zufälligen Ereignissen und viel Frustpotenzial. Klingt zumindest interessant und ist Grund genug den recht günstigen Kaufpreis auf die virtuelle Ladentheke zu knallen, um sich den Titel genauer anzusehen. Nachfolgend also mein Ersteindruck über das sich derzeit noch im Early Access befindliche Spielchen Rise to Ruins, aktuell über itch.io und Steam für Linux, Mac und Windows zu erstehen.

Über das Spiel

In Rise of Ruins übernimmt der Spieler in einer gottgleichen Gestalt aus der Vogelperspektive heraus die Kontrolle über eines Anfangs kleine Nomadengruppe. Ziel ist es mit dieser sesshaft zu werden, dem Herumreisen abzuschwören und eine Siedlung voller Wohlstand und Frieden zu gestalten. Blöd nur das diverse Monster, die wechselnden Jahreszeiten und letztlich überraschend eintretende Ereignisse bei diesem Vorhaben noch ein Wörtchen mitzureden haben. Der Name ist hierbei früher oder später Programm. Mit jeder überstandenen Nacht steigt der Schwierigkeitsgrad im normalen Spielmodus an und spült immer mehr feindselige Kreaturen auf die Spielkarte. Dass die eigene Siedlung früher oder später von den Horden überrannt wird, scheint unausweichlich. Der Entwickler selbst sagt, dass das Verlieren Kernkomponente des Spiels ist. Man kann nicht gewinnen … Oder etwa doch?

Wer zu starker Frustentwicklung neigt oder sich dem angedachten Spielverlauf widersetzen möchte, der hat vorab die Möglichkeit den Schwierigkeitsgrad seinen Bedürfnissen anzupassen. Während die Stufe „Survival“ noch mit der rot markierten Zusatzinfo „Expect to lose frequently“ versehen ist, lesen sich die Beschreibungen für „Traditional“ und „Preaceful“ deutlich entspannter. Traditionell biedert sich Spielern an die einen langsamen Einstieg in die Spielmechanik wünschen. Peaceful vermeidet jeden Gegnerkontakt und ist als reine, laut Entwickler „langweilige“ Aufbausimulation zu betrachten. Wer hingegen nach einigen Stunden selbst mit dem angedachten Modus “Survival” unterfordert ist, der wechselt auf die Stufe „Nightmare“ und sieht sich mit nahezu unschaffbaren Bedingungen konfrontiert. Nicht umsonst wird der Modus mit „Do NOT pick this game mode. Seriously, just don't!“ angepriesen.

Im Spiel angekommen sieht man sich mit pixeligen kleinen Gestalten in einer Top-Down 2D-Optik konfrontiert. Man überblickt Wiesen, Seen, Wüsten und Berge, je nachdem was als Kartentyp gewählt wurde. Es steht dem Spieler frei irgendwo auf der Karte ein „Camp“ zu errichten was fortan Lebensmittelpunkt der neu geschaffenen Siedlung wird. Idealerweise befinden sich benötigte Rohstoffe wie Holz und Stein aber auch Wasser oder wildes Gemüse in der Nähe. Ist ein geeigneter Platz gefunden, muss den Bewohnern noch mitgeteilt werden, wo diese Rohstoffe zum Aufbau des Camps beschaffen dürfen. Ohne den „Befehl von oben“ werden Wälder, Gebirge und andere Rohstoffquellen sonst nicht angerührt. Beschwerden einreichen schaffen die eigenen Winzlinge noch recht gut, selbstständiges Arbeiten fällt ihnen aber äußerst schwer. So hat fast jedes Gebäude im Spiel eine Option der damit verbundenen Tätigkeit Personen zuzuweisen die diese Tätigkeit dann auch ausführen. Vorher laufen die Pixelzwerge nur verwirrt in der Gegend herum. Die Bürger wollen außerdem ein Dach über den Kopf bekommen, was den Spieler anfangs Zelte, später Häuser errichten lässt. Auch Infrastruktur zum Lagern und Verarbeiten von Rohstoffen werden schnell wichtig. All diese Kleinigkeiten teilt einem ein in das Spiel integriertes Lernsystem in Form von Tipps mit. Gerade zu Beginn des Spiels kann man die eigenen Leute außerdem unter die Arme greifen und Rohstoffe via Maus von A nach B transportieren. Man ist ja schließlich nicht umsonst eine digitale Gottheit. Grundlage für dieses und andere bemerkbare Wunder ist der eigene „Einfluss“ der im Laufe des Spiels durch verschiedene Ereignisse generiert wird. Mit ihm ist es möglich Wachstum zu bewirken, Stürme aufziehen zu lassen oder auch Geister wiederzubeleben, um nur einige der Wunder im Spiel zu nennen.

Irgendwann endet der erste Tag und die böse Nacht bricht an. Jetzt zeigen sich erste Monster auf der Karte und einige von Ihnen nehmen prompt Kurs auf die Siedlung des Spielers. Während sich in den ersten Nächten die Bewohner noch selbst verteidigen können, ist es mehr als sinnvoll schnell in eine Baracke und/oder Verteidigungstürme zu investieren. Verteidigungstürme brauchen wiederum Energie oder Geschosse was wiederum weitere Fabrikgebäude notwendig macht und Rums sieht man sich mit dem im Spiel integrierten Gebäudelimit konfrontiert. Das anfängliche Camp muss ausgebaut werden, um dieses Limit zu erhöhen oder aber man errichtet zusätzlich ein „Hilfs-Nebengebäude“ (Ancillary) das ebenfalls die maximale Anzahl von Gebäudeplätzen erhöht. Die Anzahl baubarer Nebengebäude wiederum ist verbunden mit der Ausbaustufe des Camps.
So spielt man also Tag für Tag und Nacht für Nacht, sieht mehr Monster auftauchen, verteidigt sich, bekommt neue Bewohner durch vorbei reisende Nomadengruppen oder Nachwuchs und baut seine Siedlung immer weiter aus, bis irgendwann der Zeitpunkt gekommen ist an dem die Spielmechanik die Fähigkeiten des Spielers überholen und die fein säuberlich aufgebaute Siedlung überrannt wird. Game Over. Try again?

Geschichte

Rise of Ruins war nicht immer Rise of Ruins. Anfänglich, circa 2014, nannte sich das ehrgeizige Projekt des Entwicklers Rayvolution (Raymond Doerr) noch „Retro-Pixel Castles“ und suchte unter anderem auf Kickstarter nach Spendern, welche die weitere Entwicklung des Titels finanziell unterstützten möchten. Das dort gesetzte Ziel konnte noch 2014 erreicht werden und auch eine in diesem Zeitraum gestartete Greenlight-Kampagne auf Steam erhielt ausreichend Zuspruch. Hilfreich bei beiden Aktionen waren die zu diesem Zeitpunkt bereits aktive Community sowie die Erwähnung des Spiels durch einige der großen Namen der Spielszene über soziale Medien (Twitter-Link). Seitdem hat sich viel getan, wurden viele Inhalte hinzugefügt und das Spiel an vielen Ecken und Enden überdacht, angepasst und erweitert. Am ehesten lässt sich die Geschichte anhand der Newssektion des zum Spiel gehörenden Forums nachempfinden. Beim Schreiben dieser Zeilen wird aktuell Indev 27b vom 14. August 2017 als aktuellste spielbare Version angeboten. Experimentierfreudige laden über den Unstable-Branch derzeit Version InDev 28 Unstable 2.

Installation

Entweder erfolgt die Installation über den Steam-client oder aber man wählt selbst das herunterladen, entpacken und legt los. Die DRM-freie Version von Itch.io lädt dazu ein.
Ist der Download von Itch.io abgeschlossen, entpackt man das Paket an einen beliebigen Standort und markiert die Datei RtR.sh als ausführbar ( chmod +x RtR.sh).
Für die nicht-Steam Version sollte man vorher prüfen ob sich ein Java-Interpreter auf dem System befindet. Unter Ubuntu lies ein  sudo apt install jre-default die Zugriff verweigert / Access denied-Meldung mit Bezug auf Java verschwinden.

Grafik

Im schönsten Pixellook gehaltene Grafik mit einigen Annehmlichkeiten der Moderne. Obwohl grobe Kanten vorherrschen wurde viel Liebe in den Detailreichtum und Animationen gelegt. Das Spielfenster kann in seiner Größe frei gestaltet werden und ist nicht an feste Auflösungen gebunden. Dem Spieler stehen insgesamt 8 Zoomstufen zur Verfügung, wobei ich die drei Tiefsten zum Spielen in Full-HD für völlig ungeeignet halte. Lediglich zum schnellen Blick ins Detail scheinen diese Interessant. Wie sich das ganze auf einem 4K-Monitor darstellt, entzieht sich meinen Möglichkeiten. Über das Optionsmenü im Hauptmenü lassen sich zahlreiche grafische Effekte aus- und einschalten, darunter Schatteneffekte, Anzahl dargestellter Partikel aber auch die eigentliche Darstellung besagter Partikel. Dies ist nicht uninteressant, zeigt das Spiel trotz seiner grundlegend minimalistischen Darstellung doch auf älterer Hardware, das durchaus Prozesse am Werkeln sind, die der Grafikkarte einige Arbeiten abverlangen.

Performance

Auf dem TUXEDO Book XC1706 lief das Spiel erwartungsgemäß hervorragend ohne sichtliche Darstellungsfehler oder Leistungseinbrüche. Auch ein älterer AMD A8-3850 Desktop PC mit verbauter AMD Radeon RX 460 zeigte keine Blöße und stellte alle Inhalte mit höchsten Einstellungen spielbar dar. Ein Notebook Acer Travelmate B-115-N41RQ litt schon etwas mehr unter den Ansprüchen des Spiels. Framerateverwöhnte Spieler dürften über das leichte Ruckeln auf höchsten Einstellungen und einer Auflösung unter Full-HD weniger begeistert sein. Interessant ist, dass das Spiel wiederum auf einem viel älteren Acer Aspire 5738ZG mit integrierter ATI Radeon HD 4570 AMD-Grafik mit aktivierten Details absolut flüssig lief. Auch auf einem Fujitsu E752, ebenfalls Intel-Grafik, zeigte das Spiel merkliches Stocken und Ruckeln. Ohne ausreichend Kenntnisse in diesem Bereich zu haben, kann ich zumindest einer Vermutung im Zusammenhang mit der tendenziell schlechteren Darstellung, Intel-Chips und Java aufstellen. Ferner beweist das Acer Aspire 5738ZG aber, dass das Spiel durchaus auch für ältere Hardware geeignet sein müsste. Mangels fehlender Hardware konnte dieser Vermutung aber nicht weiter nachgegangen werden.

Einzelspieler

Im Singleplayermodus besteht die Möglichkeit bis zu 5 Profile anzulegen, was verschiedene Fortschritte, Tests, etc. ermöglicht. Jedes neu angelegte Profil wird mit einem Benutzernamen und, optional, mit einem Twitch-Namen zur Twitch-Integration angelegt. Die auswählbaren Spielmodi beschränken sich auf „World Map“, was den Spieler eine Weltkarte mit verschiedenen Arealen präsentiert. Hier können verschiedene Gebiete zeitgleich besiedelt und außerdem Waren und Bewohner zwischen den Sektionen über den „Limbo“ transferiert werden.
Direkt ins Spielgeschehen eintauchen lässt sich über die „Skirmish“-Option. Hier wählt man eine der angebotenen Karten und kann, ganz ohne Limbo oder andere Spielwelten, drauf los daddeln.

Multiplayer

„Wurde nicht implementiert“. Was wäre es lustig gewesen Völker in feinster JSettlers-Manier gegeneinander antreten zu lassen oder aber gemeinsam auf einer Karte gegen die Monster zu kämpfen. Leider war dies nicht die anfängliche Art und Weise des Spiels und den Titel in seiner jetzigen Form auszugestalten hält der Entwickler für unmöglich (Foreneintrag zum Thema). Rise to Ruins bleibt daher bis auf weiteres ein reines Singleplayer-Spiel.

Kaufen

Das Spiel kann über itch.io, Steam oder direkt über die zum Spiel gehörende Homepage gekauft werden. Stand 16. September 2017 zahlt man über Steam 9,99 in „€“, wohingegen man auf itch.io 9,99 in „$“ zahlt. Itch.io bietet außerdem die entwicklerfreundliche Möglichkeit den Kaufpreis auf freiwilliger Basis anzuheben, um so Unterstützungswillen für derlei Projekte zu zeigen.

Fazit

Rise to Ruins ist nicht das nächste Black and White, das war aber auch vermutlich gar nicht der Ansporn des Entwicklers. Rise to Ruins ist viel eher eine Aufbausimulation mit gottähnlichen Eigenschaften die eine Menge Micromanagement beinhaltet und entfernt an die Grundlagen eines Rogue-like erinnert. Man spielt, man stirbt, man spielt nochmal und man stirbt nochmal doch mit Erfahrung und Geschick kommt man jedes Mal ein Stückchen weiter und zeigt den dämlichen bösartigen Kreaturen der Spielwelt jedes Mal einen Ticken länger, dass man sich nicht ohne weiteres klein kriegen lässt. Wer derlei Herausforderung nicht sucht und eine entspannte Aufbausimulation mit Wuselfaktor bevorzugt, der wählt eben den Schwierigkeitsgrad „Peaceful“ oder gar „Sandbox“ und lässt die Seele baumeln. Alles in allem kann man für einen Zehner, in welcher Währung auch immer, eigentlich kaum etwas falsch machen. Wer Aufbausimulation mag wird auch mit Rise to Ruins einige unterhaltsame Minuten zubringen können.

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