Tuxedo OS: Interview mit Tuxedo Computers über das hauseigene Linux - des Pudels Kern ist ein Pinguin
Nach unseren Tests mit der Tuxedo-Laptop-Gaming-Hardware hatten wir mehr und mehr Berührungspunkte mit der hauseigenen Linux-Distribution von Tuxedo Computers. Uns interessierte dabei, wie sich Tuxedo das hauseigene Linux als Ubuntu-Derivat im Vergleich und zu der internationalen Konkurrenz aufstellt. Die Fragen, die uns dabei in den Kopf gekommen sind, wollten direkt mit Tuxedo besprechen. Dazu fanden wir die Form eines Interviews mit der Ansprechpartnerin für marketing- und presserelevante Themen Annika Litzel sehr passend. Freundlicherweise hat sich Annika für uns dazu bereiterklärt der "Presse" Rede und Antwort zu stehen.
Hier nun das ungekürzte Interview. Die fettgedruckten Textpassagen stammen von Holarse.
Hallo Annika,
vielen Dank dafür, dass wir dieses Interview mit dir und TUXEDO Computers machen dürfen. Wir haben einige Fragen zum Thema TUXEDO Computers und insbesondere TUXEDO OS. Besonders interessiert uns hier natürlich, warum TUXEDO auf seine eigene Distributionsvariante setzt und welchen Einfluss das insbesondere beim Spielen für uns Linux-Gamer haben kann.
Bitte stelle dich und deine Rolle bei TUXEDO Computers doch einmal kurz vor!
Ja, gerne! Ich heiße Annika Litzel und bin seit Mai 2018 Teil von TUXEDO. Ich kümmere mich um marketing- und presserelevante Themen, bin Ansprechpartnerin für Kooperationen und Tester, verfasse den Newsletter und bin auch auf Community-Events und Messen zu finden. Einen Teil der Social Media Kanäle bespiele ich ebenfalls. Ich habe noch viele andere Aufgaben bei TUXEDO, aber ich will hier ja niemanden langweilen. :)
Zuallererst, vielen wird TUXEDO Computers bereits ein Begriff sein, dennoch wird es sicherlich Leser geben, die TUXEDO zwischen den ganzen anderen Notebook- und Computerhersteller und Anbietern, nicht genau einordnen können. Kannst du uns einen kurzen Hintergrund zu der Geschichte von TUXEDO Computers geben?
Die Kurzform ist, dass aus der Leidenschaft unseres Gründers, Herbert Feiler, im Laufe der letzten 20 Jahre ein florierendes Unternehmen geworden ist. Sprich: Vorkonfigurierbare Laptops und Desktop-PC, die mit Linux vorinstalliert werden. Wer einen TUXEDO erwirbt, muss ihn nur noch aufmachen, einschalten und er geht. Das ist der Anspruch des Unternehmens: Linux für alle und ganz einfach.
Seit einiger Zeit habt ihr nun TUXEDO OS als eigene Distribution im Angebot. Im Artikel zum TUXEDO Pulse 14 Gen 3 sind wir schon auf ein paar Anpassungen eingegangen, kannst du etwas mehr im Detail über die großen wichtigen Änderungen gegenüber einem Standard-Ubuntu sprechen?
Man kann hier nicht nur von optische Anpassungen sprechen, damit wird man unserem TUXEDO OS nicht gerecht. Wir führen eigene Anpassungen durch, die speziell auf unseren Geräten dann auch zu tragen kommen. Vor allem wollen wir Ängste nehmen und zeigen, dass mit Linux, speziell TUXEDO OS in Kombination mit unseren Geräten, einfach alles funktioniert und der Umstieg von Windows leichter wird.
Wir haben uns auch bewusst für KDE Plasma entschieden, weil die Anpassungsmöglichkeiten für User hier am größten sind. Wir nutzen top-aktuelle KDE-Plasma-Pakete der KDE Neon User-Edition. Diese spiegeln wir nicht nur, sondern unterziehen sie einem ausführlichen Testing auf einer Auswahl von Geräten und geben sie erst dann frei, wenn wir von der Qualität der Pakete überzeugt sind.
Beim Nutzen von herstellerspezifischen Distributionen habe ich immer sofort im Kopf, dass man sich in eine Sackgasse begibt, da man dann von dem Softwareangebot des Herstellers für die Herstellerdistribution abhängig macht. Wie verhält sich das bei TUXEDO OS mit der Kompatibilität zu den bisherigen etablierten Distributionen, insbesondere Ubuntu?
Wir integrieren eine Reihe von aktuellen Treibern, Bibliotheken und Anwendungen direkt aus dem Quelltext in unsere Paketquellen. Der Fokus liegt hier auf einer bestmöglichen Unterstützung für unsere Geräte. Es können neue Pakete hinzukommen oder auch wieder welche entfernt werden, sobald eigene Pakete nicht mehr nötig sein sollten.
Welchen Nutzen und welche Vorteile hat der Anwender eines TUXEDO-Notebooks, wenn er/sie sich bei der Distribution für TUXEDO OS entscheidet?
Anwender*innen können sich auf die 100 %ige Optimierung des Geräts verlassen.
TUXEDO OS basiert auf Ubuntu LTS und Neon User. Wir portieren einige Dinge aus Ubuntu-Zwischenversionen (23.10 und so) zurück, aber was den KDE-Stack angeht, ist es ziemlich genau 1:1 Neon User. Der Hauptunterschied ist unsere QA-Infrastruktur, die wir zu allem, was mit Software zu tun hat, hinzufügen:
- reguläre Ubuntu-Pakete werden wöchentlich gespiegelt, getestet und ausgeliefert
- Pakete von Ubuntu Security werden täglich gespiegelt und ausgeliefert
- Neon-Paketaktualisierungen werden täglich geprüft, getestet und als kumulative Aktualisierung ausgeliefert. Dies dauert normalerweise 2-3 Tage.
Andere Dinge, die nichts mit KDE oder Neon zu tun haben, aber um das Gesamtbild zu zeichnen:
- Firefox und Chromium werden als DEBs gepackt, getestet und innerhalb von einem Arbeitstag nach der Upstream-Veröffentlichung ausgeliefert
- Mesa, Pipewire, Wireplumber werden innerhalb einer Woche gepackt, getestet und ausgeliefert, da dies von der Arbeitsbelastung der Tester abhängt
- Kernel und Nvidia-Treiber werden nach einem eigenen Zeitplan entwickelt und nach ausführlichen Tests und dem Hinzufügen von Funktionen durch Backporting oder eigene Entwicklung ausgeliefert.
Unsere QA-Struktur ist eine Kombination aus automatisierten und manuell durchgeführten Tests:
- wir haben eine Reihe von ca. 10 verschiedenen Laptop-Modi, die als Referenz getestet werden
- wir testen auf echter Hardware, nicht nur in virtualisierten Umgebungen
- es sind immer dieselben Personen, die testen, plus wechselnde Mitarbeiter, die einen zweiten Blick auf die Ergebnisse werfen
TUXEDO hat in der Auslieferung ab Werk früher verschiedene Distributionen wie hauptsächlich Ubuntu aber auch Debian, openSUSE und sogar bei einigen Geräten Manjaro angeboten. Bei den aktuellen Geräten wie dem TUXEDO Sirius und dem gerade von uns getesteten TUXEDO Pulse 14 kann man "nur" noch zwischen verschiedenen Ubuntu-Varianten und dem Tuxedo OS auswählen. Das ist natürlich schade, kannst du uns ein wenig über die Hintergründe für die Entscheidung erzählen?
Der Aufwand für Instandhaltung und Testing ist enorm. Bei Ubuntu-ähnlichen Distributionen hält sich der Aufwand in Grenzen. Und die Vorliebe der Kundschaft spielte natürlich auch eine Rolle.
OpenSUSE war eine Zeit lang aufgrund von verschiedenere Kernelversionen nicht möglich vorzuinstallieren. Für Manjaro gab es eigene Geräte – die Kooperation ist aber ausgelaufen. Wir stehen gerade im Kontakt mit Manjaro, wie es hier weitergehen kann. Auch andere Kooperationen sind in Planung – aber hier werden wir erst etwas publizieren, wenn alles klar und ausgearbeitet ist.
Welche Besonderheiten bietet das TUIXEDO OS denn für einen Linuxgamer? Muss ich da noch viele besondere Paketquellen anbinden oder hat TUXEDO da was out-of-the-Box?
Bei TUXEDO OS gibt es die aktuelle Version der Open Gaming Platform Lutris sowie das Paket Heroic-Games-Launcher in unserem Repository.
Was ist mit dem Datenschutz? Ubuntu schiebt ja gerne sein Ubuntu Pro nach vorne, schaltet Werbung und schickt Pings an Ubuntu-Adressen. Wie geht TUXEDO Computers damit in TUXEDO OS um?
Wir betreiben Aufklärung und pflegen einen offenen Umgang, wenn Kund*innen sich bei uns melden. Zudem verfassen wir Infoartikel und vieles mehr.
Eine generelle Aussage lässt sich nicht treffen, aber im Großen und Ganzen gilt: Je länger Kund*innen eine LTS-Version nutzen, desto eher empfiehlt sich die Aktivierung von Ubuntu Pro. Update-Mechanismen von Ubuntu Pro sind bei TUXEDO OS nicht integriert.
Wie sieht es mit Ubuntu-spezfischen Entwicklungen, wie zum Beispiel die "Sonderlocke" snaps aus? Wie sieht es mit den Alternativen wie Flatpak aus, die häufig für Open Source-Spiele verwendet werden?
Es gibt konkrete Kritik am Gesamtmodell Snap. Die Hauptkritik trifft den Snap-Store als Backend. Dieser ist, etwa im Gegensatz zum Flatpak-Store Flathub, proprietär und unter alleiniger Kontrolle von Canonical. Zudem werden Snaps den Anwendern seit einiger Zeit aufgezwungen, indem unter anderem Firefox und Chromium lediglich als Snap ausgeliefert werden. Neben der Bevormundung verärgert die Anwender auch die vergleichsweise lange Ladezeit der Snaps sowie die Tatsache, dass sie sich ungefragt selbst aktualisieren.
Hier kann man weitere Informationen finden: Link zur FAQ
Habt ihr eine Strategie für sich häufig aktualisierende Pakete? In einem eurer letzten Tröts (Tweets auf Mastodon) habt ihr Firefox und andere Pakete als Continuos Release erwähnt. Was können TUXEDO OS-Nutzer hier erwarten?
Aktualisierte Pakete werden in der Regel automatisch gebaut, sobald upstream aktualisiert und dann nach internen Tests live gestellt. Eine Liste mit Pakten findet man hier: Link
Bleibt noch der Ausblick in die Zukunft! Mit TUXEDO OS 1.0 hattet ihr Budgie als Desktop auserwählt. Mit TuxedoOS 2.0 ist es nun KDE. Wie sieht es hier mit dem bald kommenden KDE 6 aus? Gibt es schon weitere Pläne für die Zukunft? Vielleicht vorauswählbare Nutzungsprofile, wie eines für Gaming, was Steam, Lutris, Mumble, Teamspeak bequem installierbar macht?
Wir sind in den letzten Zügen, was unser TUXEDO OS mit dem neuen KDE Plasma 6 angeht. (Anmerkung der Redaktion: KDE Plasma 6 ist jetzt verfügbar)
Vielen lieben Dank für das Interview!
Für alle Leser, die die Unterschiede noch einmal im Detail nachlesen möchten, empfehle die Übersichtsseite zum TUXEDO OS und insbesondere das FAQ zu den Unterschieden.
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Danke an Holarse (und Tuxedo) für das Interview und danke an Tuxedo für ihre Open-Source-freundlichen Produkte.
Obwohl ich eine Ubuntu-Variante benutze, war mir bisher noch gar nicht aufgefallen, wie blöd die "Politik" von Canonical teilweise ist. Bezüglich Browsern, Snaps und Update-Zwang. Und ja, Chromium als Snap braucht lange zum Starten.