Zu Wayland wollte ich noch mal einen eigenen Artikel bringen, da nehm ich das mit auf (vor dem Systemcrash ging Wayland gut, jetzt hats Probleme).
Leider hatte sich mein BTRFS-Dateisystem nach vorherigen 14 Jahren Dienst ohne Zwischenfälle nun verabschiedet. Damit fiel auch meine bisherige openSUSE Tumbleweed-Installation, die ich seit mehreren Jahren dank Rolling Release immer wieder aktualisiert halte auch dem virtuellen Datenfresser zum Opfer. Zeit also für eine frische Neuinstallation, dabei wollte ich gleich die Gelegenheit nutzen einmal zu dokumentieren, welche Tools man so unter Tumbleweed als Gamer geschenkt mit dazu geliefert bekommt und an welchen Stellen man etwas nachbohren muss.
Erstmal dazu, was openSUSE Tumbleweed überhaupt ist. Im Gegensatz zu openSUSE Leap ist openSUSE Tumbleweed ist ein getestetes Rolling Release. Hier gibt es also keine Releases im klassischen Sinne, wo dann einmal alles auf den neusten technischen Stand gebracht und dann ausgiebig getestet wird, sondern hier werden sogenannte Snapshots erzeugt und diese dann zu updatefähigen Paketen zusammengeschnürt. Alles im allem aktualisiert man im Prinzip die ganze Zeit und erhält so natürlich ein topaktuelles System. Arch Linux macht es ähnlich und auch bei Fedora kann man davon sprechen und mit Siduction ist das Prinzip auch für Debian verfügbar. Leider bringt die technologische Speerspitze der allerneusten Pakete auch oftmals einige Bugs und Probleme mit sich. Hier kann Tumbleweed jedoch mit einer einzigartigen offenen und freien Infrastruktur aufwarten:
Alle Pakete, die für Tumbleweed bereitgestellt werden, gehen durch ein automatisiertes QA auf Basis von OpenQA. Dabei wird zum Beispiel geprüft, ob die Software sich starten lässt, ob Abhängigkeiten ausserhalb der durch das RPM definierten fehlen. Bei grafischen Programmen werden dann auch einige interaktive Tests durchgeführt.
Das System
Alle Versionsangaben entsprechen dem Stand der Installation, hier Mitte April 2024 was dem aktuellen Snapshot openSUSE Tumbleweed 20240412 entspricht. Hardwaremäßig steht hier ein AMD Ryzen 5 3600 (6 Kerne, 12 Threads) mit 48 GB RAM und einer NVIDIA GeForce RTX 2060 SUPER mit 8GB VRAM zur Verfügung. Die Installation verlief per USB-Stick. Über die openSUSE-Downloadseite steht ein aktuelles ISO-Image für AMD64 zur Verfügung, dass man direkt auf einen USB-Stick bannen kann. Davon gebootet und den Installer durchgeklickt, schon geht es los mit dem ersten Boot.
Entschieden habe ich mich bei meinem softwareseitigen Gameing-Setup (wieder) für KDEs Plasma 6 und direkt in der Wayland-Variante. Im Login-Screen lässt sich aber bequem zwischen Wayland und X11/Xorg umschalten. Nach dem Login begrüsst uns der Willkommensbildschirm von KDE und openSUSE. Dann wollen wir mal das System gamingtauglich machen. Wenn nicht besonders angegeben funktionieren alle Kommandos oder Paketnamen mit den Standard-Repositories, die mit TW mitkommen.
Treiber
Da im Rechner eine NVIDIA-Karte verbaut ist, war zunächst ein Update notwendig. Hier hat das System selbstständig festgestellt, dass die NVIDIA-Treiber vorliegen. Das Repo war bereits standardmäßig eingebunden, so dass beim Update die G06-Treiber vom Hersteller nachinstalliert wurden. Einen Neustart später gab es dann Hardwarebeschleunigung mit dem Treiber in Version 550.67. Das Konfigurationstool "nvidia-settings" musste man über den gleichnamigen Paketnamen händisch nachinstallieren.
Vor den Spielen
Bevor wir uns Spiele auf die Platte ziehen, wollen wir Übersicht. Dazu ziehen wir uns erstmal ein paar Game-Clients auf das Gerät. Hier gibt es ja mittlerweile eine größere Auswahl, mindestens für jeden Shop einen eigenen. Die beiden ersten Pakete könnt ihr entweder in YaST eingeben im Bereich "Software installieren", über KDE Discovery oder direkt an der Konsole:
sudo zypper in -y steam lutris
damit landen schon einmal Steam und der freie Game-Launcher Lutris bei uns. Letzterer lässt sich übrigens neben der Paket-Variante auch über Flatpak installieren. Flatpak ist eine gute Wahl, wenn man neuere Software-Versionen haben möchte, oder diese in kurzen Abständigen häufiger wechseln. Mit Steam aus dem Repository habe ich allerdings noch nie Probleme gehabt.
Flatpak ist übrigens bereits direkt installiert und einsatzbereit. Hier empfiehlt sich als Oberfläche KDE Discovery zu nehmen. Das Programm bietet eine Übersicht über alle Pakete aus verschiedenen Paketquellen wie den RPM-Repositories, aber auch Flatpak.
Jetzt können wir noch per Flatpak den Heroic Games Launcher für Epic und Wine-basierte Spiele, Rare (weiteres Frontend für Epic über Legendary) und itch für die Spiele aus dem itch.io-Store dazu. Wer möchte kann hier auch Lutris über Flatpak installieren.
Dabei kommt auch gleich Wine mit. Zur Zeit der Installation in Version 9.6. Das kann nicht schaden.
Kommunikation
Immernoch keine Spiele in Sicht. Nein, wenn wir mit unseren Mitspielern sprechen möchten (bitte nicht im Singleplayer, dann wird man komisch angeschaut, wenn man mit der KI redet), dann brauchen wir noch Voice-Clients. Hier lässt uns openSUSE auch nicht im Regen stehen und spendiert uns direkt Mumble (aus dem Repo und als Flatpak) und Teamspeak 3 und die Beta-Version Teamspeak 5 per Flatpak. Ebenso darüber wird auch Discord als Client angeboten.
Spiele
Jetzt geht es endlich los. Natürlich haben wir per Steam Zugriff auf alle Spiele, über die Einstellung "Steam" -> "Settings" -> "Compatibility" schaltet ihr noch Proton für alle eure Spieletitel frei, indem ihr dort "Enable Steam Play for all other titles" aktiviert.
Wer es etwas freier mag, der wird hier über KDE Discovery und die Anbindung an FlatHub ein riesigen Schatz an freien Spielen finden. Über KDE Discovery steht natürlich das gesamte Portfolio an Spiele im Flatpak-Format über Flathub zur Verfügung.
Daneben gibt es aber noch die eigenen Repositories. Im Standard-TW werden ein paar wenige Spiele mitgeliefert. Der Hauptteil der Spiele befindet sich aber im separaten Games-Repository. Dieses könnt ihr über YaST -> Software Repositories -> Hinzufügen. Dann dort ein Repo unter der URL "http://download.opensuse.org/repositories/games/openSUSE_Tumbleweed/" einfügen. Dann stehen euch direkt Titel wie Beneath a Steel Sky, CorsixTH, 7kaa, 0 A.D., Flightgear, Mindustry, OpenE2140, Assault Cube, Augustus und Julius, d1x-rebirth und d2x-rebirth, Darkplaces, dhewm3, Endless Sky, Wolfenstein: Enemy Territory, Freeciv, FreeCol, FreedroidRPG, FreeOnion, FreeSerf, Globulation2, Jagged Alliance 2 Stracciatella, Minetest, OpenCity, OpenJazz, openLierox, openRCT2, OpenTTD, openXcom, Pioneers, Simutrans, Smoking Guns, Speed Dreams, UFO: AI, Unknown Horizons, Urban Terror, The Ur-Quan-Masters, vdrift, Vega Strike, VCMI, Warzone 2100, Battle for Wesnoth, Zod Engine und Dune Legacy zu Verfügung. Und natürlich viele weitere Titel.
Neben den reinen Spielen sind aber auch noch Tools wie residualvm, scummvm und viele Emulatoren dabei.
Fazit
Alles in allem bietet openSUSE Tumbleweed durch das getestete (!) Rolling Release immer gute Kompatibilität bei den Steam-Spielen, Probleme wie mit dem glibc-Update bei openSUSE Leap gehören damit der Vergangenheit an. Das Software-Angebot ist riesig, bis auf das Games-Repository muss fürs Gaming erstmal kein weiteres Repo angebunden werden.
Wer auf der Suche nach einer neuen Distribution ist und dabei auf Rolling Release setzen möchte, sollte dringend einmal einen Blick auf openSUSE werfen. Die Basis aus dem im Unternehmenseinsatz erprobtem SUSE Linux Enterprise in der Kombination mit den aktuellen Paketen und der darüber geschalteten OpenQA erschafft hier ein sehr stabiles, performantes und gut durchdachtes Betriebssystem.
Have fun!
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Klingt hervorragend. Bin gespannt.
Nur mal vorweg, also Steam Overlay funktioniert mit Wayland - sowohl mit native als auch mit Protontiteln. Mumble-Overlay funktioniert auch mit native und Proton. Beides zusammen geht nicht. Sobald das Mumble Overlay geladen ist, kommt das Steam Overlay nicht mehr hervor. Aber auch unter Xorg nicht ;-)
Hallo Comrad,
besten Dank für den launigen und unterhaltsamen Bericht.
Eine Frage hätte ich hinsichtlich Mumble/Wayland/Steam.
Funktioniert bei Dir das Overlay von Mumble in Kombination mit Wayland und Steam?