Sieben Jahre Linuxgaming und mehr mit dem TUXEDO Book XC1706

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Veteranen erinnern sich, Anfang 2016, das ist ziemlich genau 7 Jahre her, erhielt Holarse zwei Testgeräte von Tuxedo Computers, um sich mit dem Thema "mobiles Gaming unter Linux" auseinander zu setzen. Ich hatte damals das große Glück das High-End-Gerät zu bekommen. Heute, Mitte Februar 2023, nutze ich das Notebook noch immer.

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Wer unter Linux aktuelle Titel zocken möchte, braucht potente Hardware. Natürlich, reduziert man sich auf grafisch weniger anspruchsvolle Titel, dann verrichtet ein zu Unterhaltungszwecken angeschaffter 0815-Büro-PC mit drangeflanschter Mittelklasse-GPU auch ohne weiteres einige Jahre seinen Dienst. Sehr günstige, um nicht zu sagen billige, Geräte hingegen, verfügen selten über potente Grafikkarten, sind spieletechnisch oftmals bereits zum Zeitpunkt des Erwerbs mit dem Thema überfordert und lassen flüssigen Spielspaß allenfalls mit geringen Grafikdetails oder mit alten Titeln zu. Doch was ist eigentlich, wenn man sich für den großen Wurf entscheidet, viel Geld in die Hand nimmt und sich als spieletaugliche angepriesene mobile Hardware zulegt? Lohnt sich das als eine Art "Langzeitinvestment" oder (ver)altert die teure Spielemaschine viel zu schnell um sich rentieren zu können?
Was nun folgt ist die Zusammenfassung eines Linuxgamingenthusiasten, welche sich am realen Leben orientiert. Sozusagen der Ultralangzeittest des TUXEDO Book XC1706 in seiner Rolle als Linuxgaming Notebook im Wandel der Zeit.

Ausstattung

Es hat sich nicht viel geändert im Laufe der Jahre. Die initiale Ausstattung war üppig, eine Anpassung war entweder nicht notwendig oder aber baulich bedingt nicht möglich. Bei dem seiner Zeit „Tuxedo Book XC1706“ getauften Gerät handelt es sich um ein 17,3 Zoll Notebook mit Intel "Skylake" Core i7-6700HQ Quadcore-Prozessor und einem Takt von bis zu 3,5Ghz, damals wie heute massig Arbeitsspeicher in Form von 4 x 16GB = 64GB DDR4 2133Mhz Samsung-RAM und einer der damals schnellsten mobilen Grafikprozessoren von Nvidia, einer GTX 970M mit 6GB dediziertem Speicher, seiner Zeit mit propritären Nvidia-Treiber Version 460.91.03 in Betrieb genommen, aktuell mit 520.56.06 im Einsatz.

Die über M.2 angeschlossene 512GB große SM951-SSD von Samsung bekam ziemlich schnell enen Mitbewohner in Form einer 1TB Western Digital HDD. Relativ schnell wurde klar, System & Spiele brauchen Platz auf der SSD. Bilder, Videos und der aufzubewahrende Rest wurden auf die zu diesem Zweck eingebaute HDD umgezogen, Hashtag Datenhalde. Das vor einer gefühlten Ewigkeit vorinstallierte Ubuntu 15.10 erhielt im Folgejahr noch das Upgrade auf 16.04, wurde 2018 mit 18.04 komplett neu installiert und beherbergt seit wenigen Monaten nun Linux Mint 21. Das FULL-HD IPS Display liefert wie am ersten Tag. Über die beiden Mini-Displayport-Anschlüsse sind mittlerweile beinahe durchgängig für die Übersicht zwei zusätzliche 27 Zoll Full-HD Monitore angeschlossen.

Regulärer Betrieb

Die Bootzeit verhält sich wie folgt, vom Powerknopf bis Grub: ~17 Sekunden, von Grub bis LUKS nochmal circa +23 (=40) Sekunden und von LUKS bis Anmeldebildschirm nochmal 19 (=59) Sekunden. Mit der Installation des später veröffentlichten Tuxedo Control Centers und dem dort hinterlegten Profil "Cool and Breezy" schalten die seiner Zeit im Bürobetrieb bereits nicht sonderlich lauten Lüfter des Geräts bei niedriger CPU-Leistung noch weiter herunter. Beim Schreiben dieser Zeile mit besagtem Profil hat die CPU 58°, die GPU 64° und die Lüfter laufen angenehm leise auf 30 - 60%. Es gilt weiterhin, führt man grafiklastige oder rechenintensive Anwendungen auf dem Gamingboliden aus, wird das Lüftergeräusch deutlich wahrnehmbar.

Häufig steht das Notebook, wie erwähnt, mit zwei zusätzlich über Mini-Displayport angeschlossenen Monitoren links und rechts auf dem Schreibtisch. Das Ansteuern von 3 Monitoren war zu keinem Zeitpunkt und über keinen der Anschlüsse ein Problem. Ansonsten lief, natürlich, sämtliches Videoediting über das Notebook, was Aufnahme wie auch Schnitt, Abmischen und Kodieren beinhaltet. Auch meine seiner Zeit noch deutlich häufiger stattfindenden Streams auf Twitch wurden von der Hardware getragen. Vereinzelt lies ich außerdem virtuelle Maschinen in Virtualbox laufen um Tutorials zum Kompilieren auf nackten Systemen anfertigen zu können. Durch die gegebene Mobilität war der Tuxedo meine Unterhaltungsmaschine für die Winterurlaube, falls das Wetter mal nicht mit dem Wunsch nach Bewegung im Freien harmonierte. Insgesamt hat der Tuxedo zwei Umzüge und diverse Autobahnfahrten gut überstanden und zeigt bislang keine von mir wahrnehmbaren optischen oder technischen Defekte.
Eine Akkuladung hält, Stand Februar 2023, laut Systeminfo 2 Stunden und 26 Minuten. Im Test, ich schreibe diese Zeilen währenddessen, konnte ich von 8:46 bis 10:50 arbeiten, bevor Linux Mint bzgl. des Energiestands langsam nervös wurde und auf sich aufmerksam machte. Auf das Profil "Powersave Extreme" des Tuxedo Control Center wurde ausdrücklich nicht zurückgegriffen.

Gaming

Kommen wir zur Königsdisziplin der vergangenen Jahre, dem Spielen unter Linux. Hier sei darauf hingewiesen, dass ich nicht zu den Spielern gehöre, die am Releasetag eines Titels so lange F5 drücken bis der "kaufen" Button nicht mehr ausgegraut ist. Kurz, der Tuxedo hatte im Vergleich zu manch anderem Gamingboliden eine entspanntere Zeit. Ich kann allenfalls eine kürzlich gemachte Beobachtung einfließen lassen. Das seit Anbeginn der Zeit mit dem Status "Alpha" gekennzeichnete 7 Days To Die konnte ich Anfang 2016 problemlos grafisch bis zum Anschlag aufreißen und hatte hohe stabile FPS. Software hat gegenüber (bereits produzierter) Hardware jedoch einen elementaren Unterschied, sie kann sich weiterentwickeln. Das überarbeitete und, nicht nur spielerisch sondern auch optisch, aufgewertete Spielchen läuft Ende 2022 nicht mehr ganz so brillant auf dem GTX 970M. Mittlere Einstellungen in Full-HD sind weiter Garant für FPS-Werte von mindestens 30, meißt höher, hochwertigere Einstellungen möchte man der im Oktober 2014 eingeführten mobilen GPU jedoch, um den Spielspaß nicht zu gefährden, dann doch nicht mehr zumuten.

Der erste Schlag in die hardwareseitige Magengegend war im April 2021, also ~6 Jahre nach Erstinbetriebnahme des Tuxedo, mein Test des Spiels Spacebase Startopia. Auch wenn die auf dem Display ausgegebenen Inhalte rein optisch keine Überlastung der GPU vermuten ließen, war der Grafikkern im late game mit hoher Besucheranzahl sichtbar träge und lies die Bilder in teils unspielbarer Frequenz über das Display flimmern. Damals wie heute vermute ich persönlich weiterhin die Mischung aus in die Jahre gekommener Hardware sowie mäßiger, softwareseitiger Optimierung durch den Entwickler als Ursache für das schlechte Spielerlebnis (aber das nur am Rande als unfachmännisches imho).
Der fest verbaute und zuvor prall gefüllte Akku wies mich in einem Test nach ~50 Minuten Spielspaß in 7 Days To Die darauf hin, dass ich doch bitte ein Stromkabel anschließen oder in den Standby Modus wechseln solle. Eine Auswahl in den letzten Jahren von mir gespielter Titel werde ich für die Interessierten als lose Liste weiter unten anfügen.

Benchmark

Im ersten Moment überraschend, im zweiten Moment dann doch nicht so sehr (danke Holarse IRC!) waren die von mir erneut gemachten Benchmarks. Die vom Notebook erzielten Ergebnisse von Ende 2022 sind durch die Bank weg schlechter als seiner Zeit 2016, siehe den Artikel von damals. Eine der Erklärungen sind die Patches, welche im Nachgang für Hardware-Schwachstellen wie Spectre und Meltdown nach 2017 softwareseitig implementiert werden mussten und das auf Kosten der Leistung (Artikel von Heise.de zum Thema). Weiterhin möglich wäre, dass nach 7 Jahren die Wärmeleitpaste ein Make Over vertragen könnte, soll heißen, dass mittlerweile verminderte Abfuhr von Hitze zu früherem/stärkeren Drosseln führt als es einst der Fall war. Ferner könnte es mit dem Treiber, der eingesetzten Distribution oder gar mit einem Zusammenspiel aller genannten Komponenten zusammenhängen.

2016 2022 Info 2016 Info 2022
Nexuiz 252.49 Keine Daten Phoronix Test Suite mit "pts/gaming-free" (19) pts/gaming-free" (19) als Testprofil nicht mehr verfügbar
OpenArena 359.85 Keine Daten Phoronix Test Suite mit "pts/gaming-free" (19) pts/gaming-free" (19) als Testprofil nicht mehr verfügbar
World of Padman 730.37 Keine Daten Phoronix Test Suite mit "pts/gaming-free" (19) pts/gaming-free" (19) als Testprofil nicht mehr verfügbar
Urban Terror 230.77 Keine Daten Phoronix Test Suite mit "pts/gaming-free" (19) pts/gaming-free" (19) als Testprofil nicht mehr verfügbar
Unreal Tournament 2004 Demo 261.67 214,27
Unigine Heaven Benchmark Punkte: 1020 (min: 23,9; max: 85,1; avg: 40,5) Punkte: 752 (min: 7.1; max: 74.0; avg: 29.9) @ Preset:Extreme & 1600x900 @ Preset:Extreme & 1600x900
Unigine Valley Benchmark Punkte: 1696 (min: 24,8; max: 66,7; avg: 40,5) Punkte: 1163 (min: 15.8; max: 66.5; avg: 27.8) @ Preset:Extreme & 1600x900 @ Preset:Extreme & 1600x900
Unigine SuperPosition damals noch nicht verfügbar 2184 Punkte. (min: 11,62; max: 26,46; avg: 16,34) Performance (1080p high)
Unigine sanctuary Keine Daten 2547 Punkte (min: 54.6; max: 60.9; avg: 60.1) ./1920x1080_fullscreen.sh
Unigine tropics Keine Daten 1512 Punkte (min: 35.0; max: 61.0; avg: 60.0) ./1920x1080_fullscreen.sh; unabh. von VSNYC max. 60FPS, config egal. -->
Keine Daten 935 Punkte (min: 27.7; max: 60.6; avg: 37.1) Zweiter Test, alle Einstellungen max
Metro 2033 Keine Daten Min FPS 0; MAX FPS 100; Average 39,47; Qualität: Sehr Hoch. 1080p. SSAA AUS (NA). Texturfilterung 16x, Bewegungsunschärfe normal (max), VSYNC aus.
Grid Autosport: Keine Daten Low: Average 94,47; Min: 61,48; Max: 133,31;
Keine Daten High: Average 66,81; Min: 54,06; Max: 84,79;
Keine Daten Ultra: Average 51,41; Min: 39,31; Max: 62,22
Total War: WARHAMMER Keine Daten Low: Average 65,4; Min: ~40; Max: ~95; (geschätzt da nur Skala, keine Festwertangaben)
Keine Daten High: Average 37,0; Min: ~22; Max: ~57; (geschätzt da nur Skala, keine Festwertangaben)
Keine Daten Ultra: Average 28,8; Min: ~16; Max: ~40 (geschätzt da nur Skala, keine Festwertangaben)
Geekbench Keine Daten 1123 Single-Core Score; 3613 Multi-Core Score

Sonstiges

Gerne würde ich noch irgendwas zum Support seitens Tuxedo in den letzten 7 Jahren sagen. Da sich über die gesamte Zeit kein Szenario abzeichnete, in dem man auf Support des Herstellers hätte zurückgreifen müssen, kann ich das allerdings nicht. Damals wie heute läuft die Kiste tadel- und klaglos. Vermutlich hätte mir der Tuxedo Computers Support mit Rat und Tat zur Seite gestanden, hätte sich ein Zwischenfall wie auch immer gearteter Weise ergeben. Wie dem auch sei, die Produktseite ist mittlerweile, und hier behaupte ich einmal, dass das keine Besonderheit ist, nicht mehr Online abrufbar, alleine schon deswegen, weil das Produkt längst durch aktuellere Nachfahren ersetzt wurde.

Fazit

Langsam aber sicher zeichnen sich auch bei mir genügsamen Spieler leichte Alterserscheinungen am TUXEDO Book XC1706 ab, allen voran die erbrachte Leistung der GTX 970M.
Die Idee zu diesem Text hier entstand überhaupt erst mit der Erkenntnis, dass ich mich langsam aber sicher nach sieben durchaus langen Jahren nach einem neuen Daily Driver umsehen sollte. Wirklich unzufrieden oder akut unter Zeitdruck bin ich auch heute noch nicht. Der Prozessor drückt noch ausreichend auf die Tube, die 64GB DDR4 RAM bekomme ich höchstens mit Spezialanwendungen oder Google Chrome, kleiner Seitenhieb, voll. Wie auch immer mein nächster digitaler Begleiter aussehen wird, der Tuxedo wird nicht zum Verstauben in irgendeiner Schublade oder gar Technikkiste verschwinden. Für das mobile Arbeiten oder Reisen bleibt er der ideale Begleiter und als Liebhaber von Minetest, OpenRCT2, Starbound und generell anderen zeitlosen Klassikern kann ich meine Lieblingstitel, und viele weitere Spiele, weiterhin hierauf daddeln und, natürlich, auch zukünftig für Holarse testen. Das mein Gaming-Tuxedo zukünftig dafür in Betracht kommt, das Spielen auf alter Hardware zu testen, wird mir erst beim Verfassen dieses Satzes bewusst. Eine befremdliche Vorstellung.

Ein etwas weniger emotionales Statement, hätte mir Tuxedo das Gerät nach dem Test nicht auf Anfrage als permanente Leihgabe zum weiteren Testen zur Verfügung gestellt, wären seiner Zeit 2,400€ dafür von mir auf den Tisch gelegt worden. Geteilt durch, der Einfachheit halber, 7 Jahre, sind das ~350€ pro Jahr oder eben ~28€ im Monat. Pro Tag weniger als 1€. Für das was ich die vergangenen Jahre mit dem Gerät angestellt habe ist das mehr als ok für mich. Passt. Die ersten Builds für ein neues Gerät, die ich mir im Internet interessehalber zusammengestellt habe, sind ebenfalls alle im niedrigen vierstelligen Bereich verortet. Die Erfahrung die ich mit dem Tuxedo Notebook machen durfte haben mitunter dazu beigetragen, dass ich jetzt einmal 'teuer' kaufen möchte statt über die nächsten Jahre, wie früher, für Upgrades und Ersatz, mehrfach günstig/billig.

Damals wie heute ein großes Dankeschön an Tuxedo Computers für die Möglichkeit des erweiterten Tests.

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Am häufigsten gespielt

Lediglich eine Auswahl an (kommerziellen) Spielen:

Nachfolgende "Kurz Angespielt" Videos sind auf dem Tuxedo entstanden

(Eine Auswahl. Es existieren viele weitere Videos, Livestream-Mitschnitte, etc.)

Fragen und Anregungen zu diesem Beitrag? Ich freue mich über jede Art von Feedback. Der Kommentarbereich gehört euch.
Allen unseren Leserinnen und Lesern auch weiterhin frohes Zocken mit und unter dem Pinguin.

Multimedia
NoXPhasma
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Beigetreten: 06.11.2013
Beiträge: 389

Tolles und ausführliches Re-review, me gusta!

comrad
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Beigetreten: 13.05.2008
Beiträge: 5531

7 Jahre - für einen Gaminglaptop schon eine unglaublich lange Zeit!

Commandline
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Beigetreten: 23.05.2008
Beiträge: 507

Very Nice!

Aus puren Jux hab ich mal meine Intel Xe Superposition in 1080p High laufen lassen:

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