Deus Ex: Mankind Divided

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Im Test: Deus Ex: Mankind Divided

Nachdem Feral Interactive uns kürzlich erst mit tollen Titeln wie Warhammer 40000: Dawn of War II und Mad Max verwöhnt hat, ist seit dem 3. November 2016 der nächste Knüller am Start: Mankind Divided, der aktuellste Teil der Deus Ex Reihe und der Nachfolger des vielgelobten Human Revolution. Die guten vorherigen Ports von Feral, sowie der Vorgänger der Reihe (eins der wenigen Spiele, das ich mehrmals komplett durchgespielt habe), lassen die Erwartungen natürlich hoch steigen. Das Spiel kann auf Steam und im Feral Shop für Steam erworben werden.

Als Fan der Reihe möchte ich mich erst mal bei Feral Interactive dafür bedanken, dass sie uns eine Kopie des Spiels zur Verfügung gestellt haben, sowie bei der gesamten Holarse community, dass ausgerechnet ich es testen durfte!
Getestet hab ich auf folgendem System:

Test-System

Betriebssystem: Antergos Archlinux Kernel 4.8.6.1-ARCH
Prozessor: Intel® Core™ i7-5820K CPU @ 3.30GHz × 12
Speicher: 16 GB
Grafikkarte: Nvidia GTX980 Treiber 370.28
Auflösung: 1920 x 1200
Steuerung: Maus und Tastatur

Das Setting - eine düstere nahe Zukunft

Die Story spielt im Jahre 2029, ein tiefer Riss geht durch die Gesellschaft. Auf der einen Seite die normalen Menschen, auf der anderen Seite die "Augmentierten", mit leistungstarken Prothesen und Implantaten ausgestattete Menschen. Mankind Divided knüpft 2 Jahre nach der Handlung vom Vorgänger Human Revolution an. Damals erschütterte ein "Vorfall" die Gesellschaft, als Augmentierte durch ferngesteuerte Fremdeinwirkung mittels implantierten Chips die Kontrolle über sich und ihre Prothesen verloren, was zu zahlreichen Todesopfern führte. Dieser Vorfall vergrösserte die ohnehin schon vorhandene Kluft zwischen den beiden Lagern, was inzwischen in einer kompletten Ausgrenzung und Diskriminierung der augmentierten Bevölkerung geführt hat.

Man schlüpft in die Rolle von Adam Jensen, selbst ein Augmentierter, der sich als Mitglied einer Antiterroreinheit erneut den Verschwörungen der Strippenzieher im Hintergrund entgegenstellt.

Mankind Divided bietet hier einen guten Mix aus Egoshooter, Stealth und RPG.

die Portierung - wieder mal nur für Nvidia, aber...

Das Spiel läuft bei mir wie geschmiert, ich hatte nur einen einzigen Absturz, als das Bild mitten in einer Videosequenz einfror. Da sich das aber seitdem nicht mehr wiederholt hat, schieb ich dieses Phänomen mal nicht auf den Port ansich. Alles in allem also eine gute Arbeit die Feral Interactive hier abgeliefert hat. Jedoch werden, wie mittlerweile leider üblich, offiziell nur Nvidia Grafikkarten unterstützt. AMD Benutzer müssen also auf Mesa zurück greifen, das ja anscheinend bei Mad Max schon gut funktioniert hat.

Erste Tests mit Mesa waren zwar gelinde gesagt ernüchternd, jedoch scheint es trotzdem noch etwas Licht am Ende des Tunnels zu geben. Feral selbst hat sich nämlich zu Wort gemeldet, dass sie zwar offiziell nur Nvidia unterstützen, jedoch im selben Atemzug gleich eine Roadmap mitgeliefert, was bei Mesa noch verbessert werden muss, damit es läuft. Besitzer einer AMD-Karte müssen sich also "nur" gedulden.

Performance - von flüssig bis Ladebalken

Bei einer Auflösung von 1920x1200 und der Voreinstellung "Hoch" läuft das Spiel bei mir sehr flüssig, und es sieht definitiv schon klasse aus. Absolut positiv ist zu bewerten, dass das Spiel mit sehr vielen Einstellungsmöglichkeiten daher kommt. Hier kann man sich austoben und je nach Gusto die perfekte Balance zwischen Schönheit und Leistung erreichen. Wer unter anderem bei den Schatteneinstellungen auf einiges verzichten kann, hat hier schon gute Karten ein schönes Spielerlebnis zu erhalten.

Beim Hochschrauben der Grafikeinstellungen hatte ich dann aber zeitweise das Problem, dass die FPS sehr schwankten, sodass es zu einer Art Mikroruckler kam: im Prinzip lief es flüssig, aber ganz plötzlich mittendrin gingen die FPS dermaßen runter, dass das Bild kurz stehen blieb, so als ob die Maus einen Wackelkontakt hätte. Eine Sekunde später lief es wieder flüssig. Ein wenig komisch fand ich das schon, aber inzwischen hab ich die Einstellungen gefunden die für mich gut funktionieren. Mit Einstellungen zwischen "Hoch" und "Sehr hoch" komme ich im Durchschnitt auf 45 - 50 FPS, was zwar wenig erscheint, aber es fühlt sich immer noch erstaunlich flüssig an.

Grundsätzlich bleibt die Performance allerdings unter meinen Erwartungen, ich hatte mir eine bessere Grafik mit meinem System erhofft. Ich hoffe mal auf ein paar Patches, die die Performance steigern werden. Luft nach oben gibt es auf jeden Fall.

Empfehlen würde ich deshalb, und das ist nur meine persönliche Meinung, mindestens eine Nvidia 970er Karte oder höher, da ansonsten die Atmosphäre der wunderbaren Spielwelt doch sehr darunter leidet.

Als etwas grotesk empfand ich dann allerdings die Ladezeiten. Beim ersten Spielstart hat es mehrere Minuten gedauert bis der kleine unscheinbare Ladebalken unten rechts endlich voll war. Dieser hat sich sogar dermaßen langsam gefüllt, dass ich gleich am Anfang schon gedacht habe, das Spiel wäre abgestürzt. Glücklicherweise wechselt das Hintergrundbild während des Ladens regelmäßig, sodass man sich doch sicher sein kann: alles in Ordnung, working as intended (?), das ist einfach nur sehr, sehr langsam.

Beim zweiten Starten war dies schon etwas besser, allerdings hatte ich auch hier noch gut Zeit mir ein Getränk aus der Küche zu besorgen. Dies gilt auch für weitere Ladezeiten zwischen den Kapiteln, für mich einfach zu lang, und störend. Schließlich ist man ja "im Spiel drin", und möchte auch drin bleiben. Hier lohnt sich sicher das Installieren auf einer SSD, wenn man denn die Möglichkeit hat.

Gameplay - die Qual der Wahl

Neben den üblichen verschiedenen Schwierigkeitsgraden hat man auch jederzeit die Wahl wie man spielen möchte: ob als klassischen Shooter oder lieber schleichend indem man die Gegner umgeht oder lautlos außer Gefecht setzt. Im Gegensatz zum Vorgänger funktioniert diesmal die Shooter-Version sehr gut. Während man bei Human Revolution noch regelrecht bestraft wurde, wenn man sich mal "durchballern" wollte, indem die Situationen allzu leicht außer Kontrolle gerieten, hat man hier alles wesentlich mehr unter Kontrolle, und kann auf alles reagieren. Auch die möglichen Augmentierungen kommen dem Shooter-Erlebnis deutlich entgegen. Kurz gesagt: auch das Ballern macht Spaß!

Wesentlich befriedigender bleibt aber trotz allem immer noch die Stealth-Variante. Alternative Wege finden, sich in Sicherheitssysteme hacken um Kameras auszuschalten, Gegner lautlos aus dem Weg räumen, um sie dann irgendwo in einer Ecke zu verstauen, all das macht Riesenlaune und sorgt für ordentliche Herausforderungen. (siehe hierzu auch den Punkt "Story und Umfang")

Grundsätzlich gibt es immer mehrere Wege zum Ziel, und sowohl die Dialoge als auch getroffene Entscheidungen haben eine Auswirkung auf den späteren Verlauf des Spiels.

Je weiter man fortschreitet desto mehr "Praxispunkte" sammelt man. Diese kann man dann in die Aufwertung des Charakters in Form von Augmentierungen investieren. Auch hier bietet sich wiederum die Möglichkeit den weiteren Spielstil an die eigenen Vorlieben anzupassen.

Story und Umfang

Ich habe die Story noch nicht durchgespielt, aber schon jetzt macht sich bei mir eine Ernüchterung, wenn nicht gar eine Enttäuschung breit. An die Story vom Vorgänger kommt Mankind Divided nicht ran: zu flach, zu vorhersehbar, und laut vielen Reviews auch viel zu kurz. Offensichtlich lässt einen "das Ende" eher mit einem Cliffhanger und vielen offenen Fragen zurück. Hier hat man auf eine Salami-Taktik gesetzt, und liefert die fertige Story wohl lieber scheibchenweise in Form von kostenpflichtigen DLCs.

"Aber wenn die Story so kurz ist, warum bist du Noob dann noch nicht durch damit??" werden sich (zurecht) wohl einige fragen. Die Antwort ist recht simpel: abgesehen von der Story hat das Spiel dennoch einen relativ großen Umfang. Zuallererst sind da die Nebenquests, die es in allen Spielabschnitten gibt. Diese lohnen nicht nur in punkto Praxispunkten, sondern verleiten auch dazu sich überall mal genauer umzusehen, denn allzu offensichtlich ist der Weg zum Ziel eher selten.

Das genaue Umsehen lohnt sich übrigens nicht nur für die Stealth-Spieler (man sucht ja immer nach alternativen Wegen um den Gegnern aus dem Weg zu gehen). Die wirklich sehr gelungene Spielwelt lädt dazu ein, sich auch mal an den vielen kleinen und gut ausgearbeiteten Details zu erfreuen. Sei es die Interaktionen der NPCs an denen man vorbei geht oder aber an der Tatsache, dass es getrennte Bahnhofsklos nicht nur für Männer und Frauen sondern auch für augmentierte und nicht-augmentierte gibt: das Spiel lebt von der Atmosphäre die von diesen Details erzeugt wird. Wer es schafft, auch einmal inne zu halten, und sich einfach nur mal alles anzusehen, der wird auf seine Kosten kommen, versprochen!

Dies ist dann auch genau der Punkt, der die Story wieder wett macht, bzw. diese komplettiert. Wer im Berserkermodus wie John Rambo durch die Level huscht, der verpasst zuviel und wird von diesem Spiel in seiner Gesamtheit eher enttäuscht sein.

tl;dr - das Fazit

Mankind Divided ist in fast allen Belangen ein würdiger Nachfolger des gefeierten Vorgängers der Reihe, Human Revolution. Dank einer guten Portierung von Feral Interactive kommen auch endlich wir Linux User in den Genuss, das Shooter/Stealth RPG spielen zu können. Geschmälert wird der Kundenkreis allerdings durch die hohen und restriktiven Hardware-Voraussetzungen, da (vorerst) nur Besitzer einer NVIDIA Grafikkarte hier zugreifen sollten.
Ein großer Wermutstropfen ist allerdings die Story, die gegenüber dem Vorgänger deutlich kürzer, dünner und vorhersehbarer ist. Hier wurde ganz klar darauf hingearbeitet erst mal viele offene Fragen zu hinterlassen, um anschließend noch kostenpflichtige DLCs an den Mann bringen zu können.
Um trotzdem das Meiste aus dem investierten Geld zu holen, sollte man so viel wie möglich im Stealth-Modus unterwegs sein, und sich auf die gut durchdachte Sci-Fi Welt einlassen. Dann hat man erst mal lange Spaß an dem Spiel, und kann die schwächelnde Story "so nebenher" auch genießen. So hat man den Vorteil, dass man anschließend ganz gut noch einmal im Shooter-Modus durchrushen kann.

Schlußtip: wer kann, sollte das Spiel auf einer SSD installieren, um die Ladezeiten zu reduzieren.

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