Über das Spiel
StarDrive 2 ist nicht im üblichen Sinne eine Fortsetzung einer Reihe. Wer sich den - nicht für Linux erhältlichen - ersten Teil ansieht wird deutliche Gemeinsamkeiten feststellen. In der Tat handelt es sich bei StarDrive 2 eher um so etwas wie ein kompletter Neubeginn mit allem, was man im ersten Teil falsch gemacht oder hätte deutlich besser machen können. Der Entwickler hat sich leider nicht viele Freunde gemacht, indem er den ersten Teil liegenlassen hat und sich nur noch um die Entwicklung des zweiten Teils kümmerte.
Allerdings umso besser für uns. Der zweite Teil wirkt - um dem folgenden schon vorwegzugreifen - sehr ausgereift und in sich rund. Zudem ist er ab Werk nativ für Linux erhältlich. Ihr könnt das Spiel neben Steam und dem Humble Store auch im Handel als Box erwerben. Dort sogar mit Linux-Logo. Jedoch ist die Linux-Version nur über Steam verfügbar.
Uns wurde freundlicherweise eine Kopie von Koch Media zur Verfügung gestellt. Wie eben genannt gibt es die Linux-Version nur über Steam, die Installation fällt also weg.
Getestet wurde das Spiel auf einem OpenSUSE 13.2 mit einem AMD Phenom II X4 955 und einer NVIDIA GeForce GTX 650. Vom Hersteller empfohlen wird ein Ubuntu 12.04 oder ein 14.10 jeweils in der 64bit-Variante.
Diese ist auch die einzige die angeboten wird, also kein Support für ältere 32bit-Systeme. Trotz eines nicht offiziell unterstützen Linux-Systems konnte ich keinerlei Schwierigkeiten feststellen. Die Portierung wurde einwandfrei durchgeführt, es gibt hier nichts zu beklagen.
StarDrive 2 ist Rundenstrategiespiel mit Echtzeit- und Rundenkampfelementen. Das Spiel ist sehr komplex ohne zu kompliziert zu werden. Daher werde ich die für mich interessantesten und wichtigsten Punkte hier erwähnen, aber sicher einer Vielzahl an Features die Nennung schuldig bleiben. Trotzdem versuche ich die allerwichtigsten Aspekte des Spiels zumindest zu erwähnen.
Grundsätzlich orientiert sich StarDrive 2 an den Klassiker Master Of Orion 2 (MOO2). Man wird einige Spielelemente wie die Weltraummonster, die Frachterflotten und die Technologien wiederfinden. Die Planetensteuerung und
die Imperiumsverwaltung werden auch sehr bekannt vorkommen. Nachdem ich den Klassiker dank GOG.com auch nativ unter Linux anspielen konnte, durfte ich erfreulicherweise feststellen, dass es sich nicht nur um einen einfachen Klon handelt. StarDrive 2 hat gut funktionierende Features aus MOO2 übernommen und in seine eigene Spielmechanik integriert. Warum neu erfinden, wenn es schon was gutes und brauchbares gibt - an dieser Stelle durchaus eine erfreuliche Feststellung.
Als kleine Randnotiz sei zu erwähnen, dass das Anti-Aliasing sich nachvollziehbar nach dem Laden immer auf volle Stärke zurückgestellt hat. Dafür scheint meine Grafikkarte scheinbar zu schwach zu sein, daher ruckelte es
beim Zoomen auf die Sternensysteme. Nach dem Rückstellen der Option lief das Spiel aber wieder ohne Ruckler ab. Insgesamt ist das Spiel sehr performant, die Wechsel zwischen dem Diplomatiemodus, dem Übersichtsmodus mit der (fast) frei zoombaren Ansicht der Galaxie und der verschiedenen Sternensysteme, und dem Echtzeit-Kampfbildschirm sind ohne Unterbrechungen sofort ausgeführt. Die meisten Daten werden wohl zu Beginn des Spiels geladen, der Start des Spiels dauert eine Weile und wird mit einer kleinen Animation garniert.
Die Galaxie sieht fantastisch aus. Hat man die weiteren Sternensysteme erreicht, so kann man von der Übersichtskarte fast lückenlos bis zur Planetenansicht hineinzoomen. Alle Planetensysteme bewegen sich um ihre Sonnen herum. Mehrfachsternensysteme, wie in der Realität üblich, sind leider nicht vorhanden. Dafür erweckt das Spiel jedes Planetensystem mit zusätzlichem (nicht relevanten oder beeinflussbaren) Leben, wie Kometen, Asteroiden und Monden. Die Asteroiden können mit fortschreitender Technologie ebenfalls bewohnt werden.
Neben Nebeln, sich plötzlich öffnenden Subraumanomalien oder Gravitationssenken schwirren in der Galaxis noch weitere Geheimnisse umher, die erforscht werden können. Es gibt Handelsposten von verschiedenen außerirdischen Rassen, und natürlich Piraten. Diese Ereignisse sorgen dafür, dass sich die Spielewelt lebendig anfühlt.
Für das eigene Volk ergeben sich ebenfalls zufällige Ereignisse. Diese sind teilweise vom aktuellen Spielgeschehen abhängig. In einem Spiel auf einer sehr großen Karte waren in den ersten hundert Runden keine anderen Spezies zu sehen. Mein Volk fragte sich daher (zu Recht), ob es - trotz diverser Funksignale - alleine im Universum sei. Daraus ergab sich ein Quest für mich. Innerhalb einer bestimmten Rundenanzahl sollte ich Kontakt mit einer anderen Zivilisation aufnehmen. Solche Ereignisse stärken den lebendigen Eindrucke der eigenen Zivilisation im Spiel.
Das gilt auch für die zahlreichen unterschiedlichen Planetenarten. Kalte oder heiße Wüsten müssen mühsam erschlossen werden, erdähnliche Planeten sind leichter zu besiedeln und auf einigen ungemütlichen Orten regnet es sogar Diamanten - wenn einem bis dahin der Raumanzug durch die ätzende Atmosphäre nicht angesengt wurde. Zudem kommen die Planeten in drei Größen vor, was unter anderem das Bevölkerungsmaximum festlegt. Rassenspezifisch kann am Bevölkerungsmaximum gedreht werden, Rassen die unterirdisch leben haben so z.B. noch mehr Kapazitäten. Zum Nachteil kann einer Spezies allerdings auch die Gravitation eines zu großen oder zu kleinen Planeten werden, was für Negativpunkte unseres Planeten sorgt.
Von Zeit zu Zeit bieten sich, wie in MOO2, Helden an, der Zivilisation durch Zusatzboni zu helfen. Diese Kosten meistens neben einem einmaligen Betrag oftmals noch jede Runde Geld. Die Vorteile sind aber oftmals immens.
Zwischen den Sternen erstrecken sich teilweise beachtliche Entfernungen, welche von mit einem "StarDrive" ausgestatteten Schiffen zurückgelegt werden müssen. Dabei müssen sie sich nicht an feste Wege halten. Genügend Treibstoff vorausgesetzt darf man die Route frei wählen. Geht einem Raumschiff unterwegs der Treibstoff aus, so müssen sich die gestrandeten Piloten in den "Cryoschlaf" versetzen lassen und kehren dann mit deutlich langsamerer Geschwindigkeit zum Heimatsystem zurück. Um das zu umgehen kann der Spieler an frei wählbaren Plätzen Tanklager bauen. Diese wiederum müssen dann regelmäßig von Frachtern zwecks erneuter Betankung angeflogen werden. Ein Gasriese macht das Auftanken allerdings überflüssig. Das Tanklager ist so aber leichter von den anderen Rassen aufzuspüren.
Trifft man nun auf eine weitere Spezies, so wird dieser Kontakt über ambienten Ton und einer zur Rasse passenden Animation dargestellt. Verärgert man das Gegenüber mit einer wahnwitzigen Forderung passen sich die
Texte automatisch den vorherrschenden Stimmungen der Beteiligten, der Erwartungshaltung und der rassenspezifischen Eigenheiten an. So wirkt der außerirdische Kontakt natürlicher. Wer die diplomatischen Kontakte aus Civilization V kennt muss sich hier darauf einstellen erstmals auf starken Widerstand zu stoßen. Außerirdischen 'einfach so' Technologien schenken? Das findet die Bevölkerung überhaupt nicht gut. Diplomatischen Austausch gibt es nur innerhalb des für das Volk vertretbaren Rahmen. Verbessern lässt sich das über Austauschprogramme und andere Technologien.
Spaß machen im Spiel die überall verteilten Easter Eggs. In den Asteroiden lassen sich neben Trilithium-Kristallen auch Latium in gepressten Barren abbauen. Diese Rohstoffe werden dann höchstwahrscheinlich in unserer
Raumstation weiter veredelt, worauf ein gewisser Captain Sisko stolz wäre. Oder hattet ihr schon mal Lust mit Weltraumbären das Universum zu erobern? Ja? Dass diese keine Weltraumkatzen aus Wing Commander sind ist auch nur zu Schade. Hier hatte jemand wirklich Spaß beim Entwickeln des Spiels.
Der Weltraum ist gefährlich und wenn man nicht aufpasst, dann legt man sich versehentlich mit einer der zahlreichen Weltraumbanden an, die das All durchkreuzen. Oder man trifft auf merkwürdige Kristallwesen. Neben diesen können auch noch andere Wesen aus dem Subraum auftauchen und für Ärger sorgen. Und ist die Diplomatie wirklich am Ende, so kommt es zum unabdingbaren Krieg. Und der macht Spaß. Das Spiel bietet Standardschiffe für die verschiedenen Technologiestufen an. Im Raumhafen kann man, von der Hülle an, jedes Schiff einzeln zusammenstellen. Dazu stehen einem alle technologischen Möglichkeiten des eigenen Volks zur Verfügung. Je weiter man forscht, umso mehr Möglichkeiten ergeben sich. So lassen sich unterschiedliche Schiffe für verschiedene Einsatzzwecke konstruieren. Man mag lieber Schilde als Panzerung? Hier kann man ganz nach seinem eigenen Geschmack und dem technologischen Fortschritt seine Ingenieurskünste walten lassen.
Für jedes gebaute Schiff werden sogenannte Kommandopunkte fällig. Je nach Technologiestufe und Infrastrukturausbau können nur eine bestimmte Menge an Raumschiffen mit diesen Punkten versorgt werden. Übertritt man diese Grenze so ist das mit hohen Kosten für sein Imperium verbunden.
Treffen nun zwei Flotten aufeinander, schaltet das Spiel in den Echtzeitkampfmodus um. Zu Beginn können die teilnehmenden eigenen Einheiten platziert werden, dann beginnt der actionreiche Echtzeitkampf. Hier merkt man schnell, dass Star Wars nur Fiktion ist, denn ohne Gegenantrieb fliegen die Schiffe einfach aneinander vorbei und müssen erst mühsam wenden, um wieder aufeinander losgehen zu können. Hier entscheidet sich auch, ob die Auswahl in der Schiffswerft die richtige war. Ist das Schiff z.B. nur mit Lenkraketen ausgestattet, kann der Gegner diese ausmanövrieren oder, wenn er die Technologie besitzt, auch stören und mit Energiewaffen abschießen. Diesen Echtzeitkampfmodus kann man auch ohne den taktischen Wirtschaftsteil bzw. Imperiumsverwaltungsmodus spielen.
Kämpfe spielen sich aber nicht nur im Orbit oder im tiefen Weltraum zwischen Raumflotten ab. Hat man die gegnerische Flotte besiegt und ist nun auf dem Weg zum Planeten, so kann man diesen aus dem Orbit heraus bombardieren. Hier wurde leider auf eine schicke Animation verzichtet, obwohl das Spiel sonst sehr detailverliebt ist. Ich hätte mir hier etwas mehr die orbitalen Angriffe wie z.B. aus Sins Of A Solar Empire gewünscht. Zu guter Letzt gibt es noch die Bodenangriffe. Kämpfe um Planeten enden zumeist hier. Da wechselt das Spiel in einen rundenbasierten Modus, wie man ihn aus der X-COM-Reihe kennt. Die Einheiten lassen sich individuell und je nach Gusto abhängig vom technologischen Stand ausrüsten. Dieser Bodenkampf kommt im übrigen auch beim Überfall auf Frachterflotten oder dem Ausradieren von Piratenbasen zum Einsatz. Alle Kämpfe lassen sich auch vom Computer automatisch berechnen, falls dies gewünscht sein sollte.
Das Spiel lässt sich im Übrigen auch ohne Steam starten. Es ist also drm-frei, was sehr erfreulich ist. Der Schwierigkeitsgrad ist spürbar knackig, lässt sich jedoch auch anpassen. Mein Fazit ist, dass StarDrive 2, trotz seiner erkennbaren Verwandtschaft zu Master Of Orion 2, deutlich aus dessen Schatten heraustritt. Die Komplexität und der Detailgrad machen ungeheuren Spaß. Mit diesem Titel haben wir einen gelungenen Strategietitel unter Linux erhalten. Die deutsche Sprache sollte man jedoch nicht wählen, hier scheint der Entwickler auf eine Google-Translator-Übersetzung vertraut zu haben.
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