State of Mind

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Ein neues Spiel von Daedalic? Klingt vielversprechend!
Cyberpunk und Dystopie? Genau mein Ding!
Native Linuxversion ab Releasetag? Immer her damit!

Selten hab ich mich auf einen Spieletest so sehr gefreut wie bei “State of Mind”. Entwickelt wurde das Spiel von Daedalic Entertainment die mir schon etliche schöne Stunden mit Adventure-Klassikern wie unter anderem die Deponia-Reihe und Edna bricht aus beschert haben.

Erscheinen wird das Spiel am 15.08.2018, und wird bei GOG und Steam erhältlich sein. Im Humble Store ist es ebenfalls erhältlich, dort kann man auswählen, ob man einen Key für GOG oder für Steam erhalten möchte.

Daedalic Entertainment haben uns vorab einen Key zu Testzwecken zur Verfügung gestellt, wofür wir uns natürlich bedanken möchten. Ab heute, 13.08. darf ich dann auch endlich meine Erfahrungen mit euch teilen, also los geht’s, ohne weitere Umschweife:

Über das Spiel

Sagen wir es mal so: wenn Deus Ex: Mankind Divided und Life is Strange zusammen ein Kind bekämen, dann würden sie es “State of mind” nennen. Ein düsteres, futuristisches Setting einer dystopischen Gesellschaft, in das man sich, nicht zuletzt dank einer gut erzählten Story, schnell hineinversetzen kann.

In diesem Cyberpunk Third-Person Adventure befinden wir uns im Jahre 2048 im ziemlich heruntergekommenen Berlin. Aber nicht nur Berlin hat dieses Schicksal ereilt, auf der ganzen Welt steht die Gesellschaft am Abgrund. Krieg, Armut und Kriminalität sind allgegenwärtig.

Die Digitalisierung bestimmt den Alltag, und ist gleichzeitig die Ursache wie auch die vermeintliche Lösung aller Probleme: wer es sich leisten kann, entflieht der Realität und lädt sein Bewusstsein in die Cloud hoch, wo er in einer scheinbar heilen Welt sein Dasein fristen kann.

Der (Haupt)Protagonist ist Richard Nolan, ein Journalist, der sich mit der fortschreitenden Technologisierung und der kompletten Vernetzung des Alltags nicht so recht anfreunden kann. Sein Leben gerät aus den Fugen nachdem er im Krankenhaus mit einer Teilamnesie aufwacht und realisieren muss, dass seine Frau und sein Kind verschwunden sind.

Richard ist aber nicht der einzige spielbare Charakter. Um die Geschichte voranzutreiben schlüpft der Spieler in noch weitere Rollen um so noch mehr über die Parallelwelt zu erfahren.

Testsystem

Betriebssystem: Antergos Archlinux Kernel 4.17.12-arch1-1-ARCH
Prozessor: Intel® Core™ i7-5820K CPU @ 3.30GHz × 12
Speicher: 16 GB
Grafikkarte: Nvidia GTX980 Treiber 396.45
Auflösung: 3840 x 2160 und 1920x1080
Steuerung: Xbox 360 wireless controller

über die Linuxversion - stabil und nicht ressourcenhungrig

Kurz und knapp: läuft wie eine Eins. Es gab überhaupt keine Bugs zu verzeichnen. Erfreulicherweise funktioniert der wireless Controller sogar “on the fly” auch wenn man ihn während des Spiels erst einschaltet. Man kann also einfach zwischen Tastatur und Controller wechseln wie man möchte. Das war bei anderen Spielen auch bei ansonst guten Linuxversionen schon mal anders.

Was die Performance anbelangt scheint das Spiel nicht viele Ressourcen zu brauchen um trotzdem gut auszusehen und flüssig zu laufen. In 4k kam mein Testsystem mit allen Details immerhin noch auf 35Fps, in Full HD war die Rate jenseits der Wahrnehmungsgrenze. Da das Spiel aber nicht sehr actionlastig ist, fallen die “fehlenden” Fps aber auch nicht weiter auf.

Grafik - ist das Kunst oder kann das weg?

Die Spielwelt sieht sehr schön aus, und bedient sich vom Stil her auch bei Deus Ex. Düstere Umgebung, vermischt mit teilweise geschönten Naturfarben und Neonlicht-Elementen, das ganze natürlich ein wenig futuristisch angehaucht. Also nichts neues? Im Gegenteil!

Die Charaktere im Spiel sind nämlich allesamt in Low-Polygon-Grafik.
Diese Polygon-Männchen sollen wohl das ständig vernetzte und digitalisierte Ich in einer modernen Gesellschaft darstellen. Da heutzutage fast alle Spiele auf maximalen Realismus setzen, kann man diese Designentscheidung seitens Daedalic wohl als gewagt bezeichnen.

Ich muss gestehen, ich war beim Anblick der ersten Screenshots und Trailer mehr als skeptisch, und fühlte mich anfänglich in die Zeit zurückversetzt als ich zum ersten mal das Musikvideo von “Money for nothing” der Band Dire Straits gesehen habe.(Ok, das ist ein wenig übertrieben, das Video kam Mitte der achtziger Jahre, die Grafik wäre dann also schon über 30 Jahre alt!)
Damals fand ich die Polygone noch irgendwie lustig, aber wirkt das heutzutage nicht furchtbar altbacken?

Erstaunlicherweise geht das Konzept aber komplett auf. Die Charaktere sind schön designt, geben dem Spiel einen ganz eigenen Stil, und unterstützen insofern auch das Gesamtkonzept. Man ist zwar, auch durch die gute Story, komplett in die Welt eingetaucht, aber trotzdem schwingt ein ständiges leichtes Gefühl mit, dass man doch nicht ganz dazu gehört. Vielleicht ein wenig wie Neo, der auch sein ganzes Leben in der Matrix immer wusste, dass irgendwas nicht stimmt. Das passt alles in allem perfekt zu der Geschichte.

Story und Gameplay

Bei diesem Spiel sind Story und Gameplay ein und dasselbe: wir bewegen uns durch die Welt und müssen erst mal klar kommen, indem wir mit der Welt interagieren. Mit Personen reden, Gegenstände benutzen, oder einfach nur anschauen.

Die Geschichte wird häppchenweise erzählt, und das auch gleich verteilt auf mehrere Charaktere, was natürlich dann auch mehrere Geschichtsstränge mit sich zieht. An dieser Stelle wird nichts über die Geschichte verraten, da jeder kleinste Spoiler der hervorragenden Inszenierung die Daedalic abgeliefert hat unwürdig wäre.

In der Tat hat man irgendwann während dem Spiel nur ein einziges Problem: “Spiel ich noch weiter, oder gehe ich endlich schlafen?”. Die Tatsache, dass man die Geschichte in hauchdünnen Salamischeiben serviert bekommt fesselt einen schon sehr an den Rechner. Gleichzeitig hat man schon fast Angst, dass man einige (wichtige) Details eventuell nicht mehr weiss, wenn man zwischendurch doch mal eine Nacht schläft, und somit die Story nicht mehr zusammen bekommt.

Ein kleiner Wermutstropfen bleibt allerdings: oft hat man den Eindruck, dass man sowohl die Dialoge schon mal gehört hat, wie auch die einzelnen Story-Elemente schon mal irgendwo gesehen hat. Das Rad wurde mit State of mind nicht neu erfunden, aber es wurde zumindest neu zusammengebaut. Unter dem Strich kommt dann aber ein gutes Stück feinster Unterhaltung heraus.

Oft genug hält man kurz inne und stellt seine eigene Vorstellung der Zukunft die der im Spiel geschilderten gegenüber, denn das Dargestellte ist zwar düster und erschreckend, aber so ganz unglaubwürdig wie bei manch anderen Geschichten ist es halt auch wieder nicht. Dabei werden gesellschaftskritische und philosophische Fragen aufgeworfen.

Damit hat das Spiel in meinen Augen alles was es braucht: ähnlich wie bei einem guten Kinofilm, beschäftigt man sich auch nach dem Spielen noch mit State of mind. Es wird ein bleibender Eindruck erzeugt, der einen nachdenklich stimmt.

Fazit

Klare Kaufempfehlung für alle die sich für eine gute Story in einem düsteren Setting interessieren! Mit einer tadellosen Linuxversion und einer gewagten aber stimmigen grafischen Umsetzung weiss State of Mind zu überzeugen. Daedalic hat (schon wieder) Pluspunkte bei mir gesammelt.

Klar, die Dialoge sind nicht auf dem Niveau eines Quentin Tarantino Films, und auch die Story-Elemente sind einzeln gesehen oft nichts Neues, aber alles in allem wurden die einzelnen Puzzlestücke sehr schön zu einem ordentlichen Gesamtkonzept zusammengefügt.
Wer auf bedingungslose no-brain Action steht ist bei dem Spiel falsch, alle anderen können und sollten zugreifen!

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